Deutsches Einreiseverbot: Verwirrung um Ausnahmen für Pendler aus Tirol
Zwischen Innsbruck, Wien, München und Berlin liefen gestern die Telefonverbindungen heiß. Auch Italien verschärft Einreiseregelungen für Österreich.
Innsbruck, Wien, Berlin – Ab heute sind die Grenzen für die Tiroler nach Bayern dicht. So viel steht fest. Auch, dass es nur wenige Ausnahmen vom Einreiseverbot geben wird. Die Deutsche Bahn hat bereits den Fernverkehr eingestellt, der öffentliche Verkehr im „kleinen Transit“ etwa im Außerfern steht ebenfalls seit Freitag still.
Laut einer Verordnung des deutschen Bundesinnenministeriums dürfen wegen der Verbreitung der südafrikanischen Virus-Mutation in Tirol nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gibt es für Ärzte, Kranken- und Altenpfleger sowie für Lastwagenfahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte.
Auch wer zur Beerdigung eines Elternteils, Ehepartners oder Kindes will, darf einreisen, genauso Väter für die Geburt ihres Kindes. Für alle Einreisenden gilt: Sie müssen einen negativen Corona-Test vorweisen und in Deutschland zunächst in Quarantäne gehen.
Einreiseverbot kontra gelockerte Quarantäneverordnung
Aber wie geht es mit 3200 Pendlern von Tirol nach Bayern und den rund 2000 bayerischen Arbeitnehmern, die vor allem im Tiroler Unterland einer Beschäftigung nachgehen, weiter?
Hier herrschte Samstag den ganzen Tag über Verwirrung. Denn die Freitag beschlossene und ab 17. Februar geltende bayerische Einreise-Quarantäneverordnung würde Schlüsselarbeitskräften mit einer Bescheinigung des jeweiligen Arbeitgebers die Einreise ermöglichen. Dem wiederum widerspricht die strikte Regelung des Bundes. Für die Grenzübertritte ist nun einmal Berlin zuständig. Einreiseverbot kontra gelockerte Quarantäneverordnung – so der Stand am Samstagabend. Mit Vorteilen für das strikte Verbot.
Verhandlungen sollen Klarheit für Pendler schaffen
Es könnte zu einer bundesgesetzlichen Einreiseregelung kommen, die die bayerische Verordnung nur eingeschränkt zur Wirkung kommen ließe, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Heute soll es jedenfalls Klarheit geben, bis in die späten Abendstunden wurde nämlich intensiv verhandelt.
Ein Fragezeichen steht auch hinter dem Korridor über das kleine und große deutsche Eck. Ist eine Fahrt mit dem Auto möglich? Im Korridorzug wahrscheinlich. Aber auch hier sind noch finale Abklärungen notwendig. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der die Einstufung Tirols zum „Virusvariantengebiet“ massiv forciert hatte, verteidigt diese Vorgangsweise und kontert ebenfalls die EU, die vor Grenzschließungen gewarnt und Regelungen für Berufspendler gefordert hatte. „Wir sind ein freies Europa, aber an dieser Stelle brauchen wir Sicherheit. Einmal Ischgl reicht. Wir gehen lieber auf Nummer sicher.“
📞 Hotline der AK für Pendler
Seit Monaten würden Berufspendler von Seiten der bayerischen Landesregierung schikaniert, kritisiert Tirols Arbeiterkammer-Chef Erwin Zangerl. Er habe kein Verständnis für die machtpolitischen Spiele zwischen Bayern und dem deutschen Innenministerium.
Zangerl: "Sollte den Pendlern aus diesem Vorgehen finanzieller Schaden erwachsen, werden wir den Sachverhalt prüfen und gegebenenfalls Klage einbringen."
Aufgrund der unsicheren Lage bietet die AK Tirol ab Montag, 8 Uhr, unter 08 00/22 55 22-1415 eine eigene Pendler-Hotline an, die über den aktuellen Stand der Einreiseverbote Auskunft geben soll.
Söder Kurs büßt an Zustimmung in Bayern ein
In Bayern stößt Söders Kurs mittlerweile immer mehr auf Ablehnung. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen sind nur noch rund 48 Prozent der Befragten mit ihrem Ministerpräsidenten zufrieden. In den vergangenen Monaten hat er mehr als 20 Prozent an Zustimmung eingebüßt.
Die verschärften Einreiseregeln sind laut Innenministerium zunächst auf zehn Tage befristet, gelten also bis zum 23. Februar. Sie können dann noch auf maximal drei Monate verlängert werden.
Der Honorarkonsul Deutschlands in Tirol, Rechtsanwalt Dietmar Czernich, hat sich über die aktuellen Infektionszahlen in Tirol informiert. Er kam dabei zum Schluss, dass „die Tiroler Behörden bei der Eindämmung der Südafrika-Variante hervorragende Arbeit leisten. Leider wird dies in Deutschland nicht wahrgenommen, weil der Ischgl-Faktor alles übertüncht.“
Quarantäne in Italien
Wegen der Ausbreitung der Südafrika-Variante des Coronavirus verschärft indes Italien die Regeln für die Einreisen aus Österreich. Reisende von Österreich nach Italien müssen sich einem Corona-Test und einer Quarantäne unterziehen, sieht eine neue Verordnung von Gesundheitsminister Roberto Speranza vor. Wegen der Verbreitung der Virus-Mutationen sei größte Umsicht erforderlich. (TT)