Trump überstand Amtsenthebungsverfahren

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat auch sein zweites Amtsenthebungsverfahren überstanden. Bei der Schlussabstimmung am Samstagnachmittag votierte zwar eine Mehrheit von 57 der 100 Senatoren für die Amtsenthebung, doch fehlten zehn Stimmen auf die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Trump meldete umgehend neue politische Ambitionen an und erklärte, dass seine Bewegung jetzt erst richtig beginne.

Er freue sich auf die „unglaubliche gemeinsame Reise, für unser ganzes Volk Amerikanische Größe zu erreichen“, erklärte Trump am Samstag in einer Stellungnahme. „Unsere historische, patriotische und schöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat jetzt erst angefangen“, sagte er. Trump dankte den republikanischen Senatoren für den Freispruch und seinen Anwälten dafür, dass sie „die Gerechtigkeit aufrechterhalten und die Wahrheit verteidigt“ hätten. Zugleich erklärte er sich zum Opfer der „größten Hexenjagd in der Geschichte unseres Landes“.

43 der 50 Republikaner hielten dem Ex-Präsidenten die Stange, darunter auch der einflussreiche Fraktionschef Mitch McConnell. Sie hatten in dem Verfahren formalistisch argumentiert und ihr Votum damit begründet, dass das Vorgehen gegen Trump verfassungswidrig sei, weil er nicht mehr im Amt sei. So machte McConnell in einer Rede nach dem Votum klar, dass er Trump für schuldig hält. Dieser sei nämlich „praktisch und moralisch“ für die Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger verantwortlich, betonte McConnell.. Trump habe seine Anhänger wochenlang mit Lügen zur angeblich verlorenen Wahl aufgehetzt, die Erstürmung „orchestriert“ und seine Pflichten als Präsident „schändlich“ verletzt, sagte der republikanische Fraktionschef.

Der demokratische Mehrheitsführer Chuck Schumer übte scharfe Kritik an den Republikanern, die Trump trotz erdrückender Beweise die Mauer gemacht hatten. „Der 6. Jänner wird ein Tag der Schande in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika sein. Das Versäumnis, Donald Trump zu verurteilen, wird als Schande in die Geschichte des Senats der Vereinigten Staaten eingehen“, sagte der Senator.

Die Anstiftung zum Angriff auf den Sitz des Kongresses sei die „verabscheuungswürdigste Tat, die ein Präsident jemals begangen hat“, sagte Schumer. Und trotzdem habe die Mehrheit der Republikaner nicht den Mut aufbringen können, diese Tat zu verurteilen. „Meine amerikanischen Mitbürger, erinnern Sie sich an diesen Tag, den 6. Jänner, für immer. Das letzte schreckliche Erbe des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten - und zweifellos unser Schlimmstes.“

Mit dem Freispruch scheiterte auch der Versuch, Trump eine Wiederkandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 zu untersagen. Dafür wäre eine Verurteilung im Impeachment-Verfahren erforderlich gewesen. Die Demokraten hatten das Amtsenthebungsverfahren wegen Trumps Rolle bei der Erstürmung des Kapitols am 6. Jänner angestrengt.

Geführt wurde das sogenannte Impeachment-Verfahren seit Dienstag im Senat. Die Kongresskammer nahm dabei die Rolle eines Gerichts ein. Obwohl auch viele Republikaner Trump für seine Rolle bei den Ereignissen am 6. Jänner kritisierten, schien eine Verurteilung von Anfang an unwahrscheinlich. Dafür hätten sich den 50 Demokraten 17 Republikaner anschließen müssen.

Vor der Abstimmung im Senat hatte Chefankläger Jamie Raskin gesagt, die Beweislast für Trumps Verantwortung für die Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger am 6. Jänner sei „überwältigend und unwiderlegbar“. Der Kongressabgeordnete Joe Neguse warnte, dass die Gewalt „nur der Anfang“ gewesen sein könnte. Trumps Anwalt Verteidiger Michael van der Veen stellte den Ex-Präsidenten hingegen als unschuldig dar: „Zu keinem Zeitpunkt haben Sie etwas gehört, das jemals als eine Ermutigung oder Zustimmung für einen Aufruhr durch Herrn Trump ausgelegt werden könnte“ - jede gegenteilige Behauptung sei „absurd“.

Wohl auch wegen der geringen Erfolgsaussicht auf eine Verurteilung Trumps hat der Senat das Verfahren in Rekordzeit abgeschlossen und auf die Anhörung von Zeugen und zusätzliche Beweise verzichtet. Am Samstag stimmten die Senatoren für eine Befragung von Zeugen, was kurzfristig für Verwirrung sorgte und letztlich aber wieder verworfen wurde.

Am 6. Jänner hatten Anhänger des abgewählten Präsidenten gewaltsam das Kapitol gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps Nachfolger Biden offiziell zu bestätigen. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Trump hatte seine Anhänger unmittelbar zuvor damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Er sagte unter anderem: „Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.“

Die Ankläger des Repräsentantenhauses hatten ihre Vorwürfe gegen Trump detailliert dargelegt und dazu auch dramatische Videoaufnahmen und eine minutiöse Nacherzählung des Angriffs auf das Kapitol genutzt. Sie beschuldigen Trump, mit seinen Wahlbetrugsbehauptungen über Monate hinweg den Boden für den Angriff bereitet und den Gewaltausbruch schließlich gezielt angezettelt zu haben. Zudem warfen sie ihm vor, keine Reue gezeigt zu haben. Sie warnten auch, dass Trump seine Anhänger erneut zu Gewalt anstacheln könnte.

Trumps Verteidiger hatten die Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten am Freitag in einer kaum dreistündigen Präsentation zurückgewiesen. Es handle sich um ein ungerechtes, verfassungswidriges und politisch motiviertes Verfahren, sagte Anwalt Michael van der Veen. Die Behauptungen, dass Trump die Demonstranten angestachelt habe, seien „absurde und monströse Lügen“, sagte der Anwalt. Die kritisierten Äußerungen in seiner Rede seien „gewöhnliche politische Aussagen“ gewesen, die vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.

Trump hat seine Niederlage bei der US-Wahl vom 3. November nie eingeräumt. Er hatte schon Monate vor der Abstimmung ohne Beweise von groß angelegtem Wahlbetrug gesprochen. Er und seine Republikaner scheiterten mit ihren Behauptungen vor Dutzenden Gerichten. Trumps Verteidiger van der Veen hatte sich am Freitag dennoch geweigert, die Wahlniederlage des Ex-Präsidenten einzuräumen. Die Frage sei für das Verfahren „irrelevant“, sagte er.

Für Trump war es bereits das zweite Amtsenthebungsverfahren, dem er sich Trump stellen musste. Beim ersten Impeachment musste er sich in der sogenannten Ukraine-Affäre wegen Machtmissbrauchs und der Behinderung von Kongressermittlungen verantworten. Im Februar 2020 wurde er am Ende jedoch vom Senat von allen Vorwürfen freigesprochen.