Deutsches Einreiseverbot für Tiroler in Kraft getreten

Das Einreiseverbot für Tiroler nach Deutschland ist am Sonntag in Kraft getreten. Damit will Deutschland die Ausbreitung ansteckenderer Varianten des Coronavirus eindämmen. In Tirol gilt die südafrikanische Mutation aus deutscher Sicht als besonders verbreitet. Befürchtete Staus an Grenzübergängen - auch zwischen Deutschland und Tschechien, wo es vor diesem Hintergrund nun auch verschärfte Einreiseregeln in die Bundesrepublik gibt - blieben vorerst aus.

Das sagte ein Sprecher der deutschen Bundespolizeidirektion. Harte Beschränkungen für die Einreise nach Deutschland gelten seit Mitternacht für Tirol, Tschechien und auch die Slowakei wegen der Ausbreitung von Corona-Mutanten. Die deutsche Regierung hatte die Gebiete zuvor als „Virusvarianten-Gebiete“ eingestuft. Für diese gilt ein grundsätzliches Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schifffahrtsunternehmen. Außerdem müssen Einreisewillige sich im Voraus auf das Coronavirus testen lassen. Auch gilt eine Quarantänepflicht nach der Ankunft in Deutschland. Mit Tschechien und Tirol sind erstmals direkte Nachbarregionen Deutschlands von diesen Maßnahmen betroffen.

In Sachen Tschechien habe es in der Nacht auf Sonntag weder Staus noch lange Wartezeiten an der Grenze gegeben. „Die Lage ist momentan sehr ruhig“, sagte ein Sprecher der Grenzpolizei Passau Sonntagfrüh. Es sei schließlich Sonntagsverkehr. „An einem Wochentag, wenn Pendler versuchen einzureisen, wird die Lage sicherlich anders aussehen“, hieß es weiter. Dann seien auch wieder Lastwagen unterwegs.

Auch am größten deutschen Verkehrsflughafen in Frankfurt am Main werden Flugreisende aus Österreich und Tschechien nun kontrolliert. Der Bundespolizei-Sprecher sagte, die Beamten überprüften, ob es sich bei den über Frankfurt einreisenden Menschen um deutsche Staatsangehörige, EU-Bürger oder Angehörige aus Drittstaaten mit einem gültigen Aufenthaltstitel in Deutschland handelt. Außerdem werde geprüft, ob die Reisenden einen negativen Corona-Test und eine digitale Einreiseanmeldung vorweisen können. Am Sonntag sind vier Flüge von diesen Grenzkontrollen betroffen - drei aus Wien und einer aus Prag. Die erste Maschine landete pünktlich in der Früh in Frankfurt.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte bekräftigt, dass die Einreiseregeln streng kontrolliert werden. „Wer nicht zu einer der wenigen Ausnahmen gehört, kann nicht einreisen“, sagte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“. Er rechne mit Verzögerungen. „Durch die Kontrollen kann es hier und da zu Wartezeiten kommen. Die Bundespolizei wird den Verkehr nicht einfach durchwinken.“ Mit der Bundespolizei sei aber besprochen, die Kontrollen der Lage angepasst durchzuführen, um größere Rückstaus zu vermeiden. Einreisende müssten einen negativen Corona-Test vorlegen. Das gelte auch für alle Lastwagenfahrer, hieß es.

Wegen der neuen deutschen Einreiseregeln will Tirol schon ab Sonntag den Lastwagenverkehr aus Italien im Vorfeld kontrollieren und drosseln, um einen extremen Rückstau und einen Verkehrskollaps im Inntal zu verhindern. „Wir lassen es nicht zu, dass Tirol der Parkplatz Europas wird. Aus diesem Grund wird in Abstimmung mit dem Bund eine Verordnung erlassen, die uns Kontrollen bereits am Brenner ermöglicht“, erklärten Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne).

Für Transitforum Austria-Tirol-Obmann Fritz Gurgiser geht diese Vorgehensweise aber nicht weit genug. Er forderte in einem der APA vorliegenden Brief an das Land Tirol, dass eine Dosierung des Lkw-Transitverkehrs „nicht nur am Brenner, sondern weiter südlich“ erfolgen solle und die „Dosierungen bereits in Verona oder noch weiter südlich auf den Überkopfwegweisern der A22 bekannt gemacht werden“. Dies soll in Zusammenhang mit den Südtiroler und Trentiner Regionalbehörden ermöglicht werden. Zudem sollen am Brenner nur so viele Transit-Lkw nach Tirol einfahren dürfen, „wie in Kufstein problemlos weiterfahren können“.

Er erinnerte auch an die Alternativen „auf Schiene oder Straße auf wesentlich kürzeren alpinen Strecken“. Gurgiser warnte vor „noch nicht dagewesenen Stausituationen im Pkw- und Lkw-Bereich“ und verwies auf die Unzumutbarkeit der Situation für Anrainer und Lkw-Berufskraftfahrer, „die ohnedies unter miesesten und menschenunwürdigsten Bedingungen hinter dem Lenkrad sitzen“.

Nach Angaben der deutschen Bundesregierung dürfen ab Sonntag aus Tschechien und weiten Teilen Tirols nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen bei der Einreise gibt es für Gesundheitspersonal, Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal im Güterverkehr.

Der slowakische Außenminister Ivan Korcok intervenierte bei Deutschlands Außenminister Heiko Maas gegen Reisebeschränkungen für Lastwagenfahrer. Wie das Außenministerium in Bratislava am Samstag auf seiner Internetseite mitteilte, ging es dabei um die Vorschrift, an der Grenze einen höchstens 48 Stunden alten Corona-Test vorzuweisen, um nach Deutschland einreisen zu dürfen. „Diese Maßnahme wird riesige Probleme verursachen und ist für unsere Lastwagenfahrer in der Praxis kaum erfüllbar“, erklärte Korcok seinem deutschen Amtskollegen nach Angaben seines Ministeriums. Die Slowakei habe deshalb eine diplomatische Note nach Berlin geschickt.

Der Ministerpräsident des ostdeutschen Bundeslandes Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), verteidigte die Grenzkontrollen bei der Einreise aus Tschechien. „Uns bleibt nichts anderes übrig“ sagte er am Samstag. Der Kampf gegen die Pandemie mache an einer Grenze nicht halt.

Die tschechische Feuerwehr richtete wegen der Verschärfung kurzfristig ein zusätzliches Corona-Testzentrum ein. Es sollte ab Mitternacht in Pomezi nad Ohri vor dem Grenzübergang Schirnding (Bayern) zur Verfügung stehen, wie ein Sprecher auf Twitter mitteilte. Zielgruppe sind insbesondere Lkw-Fahrer.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hält unterdessen nicht viel von den schärferen deutschen Einreiseregeln. „Die Furcht vor den Mutationen des Coronavirus ist verständlich. Aber trotzdem gilt die Wahrheit, dass sich das Virus nicht von geschlossenen Grenzen aufhalten lässt“, sagte die 64-jährige, christdemokratische Politikerin aus Zypern der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag). Über kritische Bemerkungen seitens der EU-Kommission hatte sich der deutsche Innenminister Seehofer schon tags zuvor empört.

Umstritten ist auch die Regelung für Pendler. Bayern will nach dem neuen Text der Einreise-Quarantäneverordnung Ausnahmen für Grenzgänger und Grenzpendler, wenn deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird. Dem Vernehmen nach gibt es von Bundesseite in Deutschland aus aber noch Forderungen, die Ausnahmen enger zu fassen. Unstrittig seien Ausnahmen für medizinisches Personal, hieß es.

Möglicherweise werde es zu einer abweichenden bundesgesetzlichen Einreiseregelung kommen, die diese bayerische Vorschrift nur eingeschränkt zur Wirkung kommen lasse, teilte ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums auf dpa-Anfrage mit. Pflicht ist für alle Einreisenden ausnahmslos das Vorliegen eines negativen Tests, der nicht älter ist als 48 Stunden. Zudem müssen sie sich digital anmelden.