Anschober will nun Gespräche zur Pflege-Reform starten

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will nach der Vorlage des Berichtes der „Taskforce Pflege“ nun rasch Gespräche mit allen Stakeholdern über die geplante Pflege-Reform aufnehmen. „Wir sind gerade am Starten von Gesprächen mit den betroffenen Bundesländern, auch auf parteipolitischer Ebene, u.a. in der Koalition“. Auch die Träger sollen eingebunden werden, sagte Anschober am Donnerstag. Zentral sei eine Stärkung der Pflegekräfte und die Entlastung der Angehörigen.

Der Bericht war am Sonntag von der „Taskforce Pflege“ vorgelegt worden, die Anfang 2020 von Anschober eingerichtet wurde - und die die Reform des Pflegesektors einleiten soll. Ziel sei es, das Pflegesystem, „wo auch vieles gut läuft“, schrittweise zu optimieren und weiterzuentwickeln, so der Minister auf einer Pressekonferenz in Wien. Im Zentrum stehe „Verlässlichkeit und Sicherheit“, sagte er. Auch wolle man „Vielfalt“ sicherstellen und damit unterschiedliche Formen von Pflege und Betreuung ermöglichen. Und es gelte, die Selbstbestimmung der Betroffenen zu garantieren. „Uns geht es darum, dass wir niemanden alleine lassen, Beratung geben, Qualität sichern.“

Noch heuer aufgesetzt werden soll die sogenannte „Zielsteuerungskommission“, in der Bund, Länder, Städte und Gemeinden gemeinsam die Entwicklung der strukturellen Reformen gemeinsam umsetzen sollen. Auch die Trägerorganisationen sollen mit am Tisch sitzen: „Es wird keine Umsetzung am Schreibtisch sein, sondern eine, die mit den Betroffenen akkordiert ist“, betonte der Ressortchef.

Als weitere Ziele nannte Anschober die Minderung der Einsamkeit und eine stärkere Wertschätzung der Betreuungs- und Pflegekräfte, dabei gehe es auch um finanzielle Stärkung. Hier gebe es in manchen Bereichen Reformbedarf. Man sei hier mit Personalvertretungen und den Gewerkschaften im Gespräch.

Bereits in Umsetzung sei etwa eine Stärkung der sogenannten „Angehörigengespräche“. Die Pflege von Angehörigen stelle eine „sehr schwierige Tätigkeit“ dar. „Wir wollen sicherstellen, dass es hier Entlastungsmöglichkeiten gibt, u.a. auf Gesprächs- und Beratungsebene“, sagte Anschober.

Wichtig sie auch die Stärkung von Kräften in der 24-Stunden-Betreuung. Dabei gehe es auch stark um Qualitätssicherung. Als Beispiel brachte Anschober das Pilotprojekt CuraFAIR der Volkshilfe Oberösterreich, eine Anlaufstelle für 24-Stunden-Betreuerinnen. Dabei spiele telefonische Beratung eine zentrale Rolle, sagte Christian Schörkhuber von der Hilfsorganisation. Auch verwies er auf die Möglichkeit von „24-Stunden-Cafes“, die zur Interaktion der oftmals isolierten Betreuungskräfte dienen. Pilotprojekte wie dieses sollen laut Anschober in Zukunft zu „Regelangeboten“ ausgebaut werden.

Auf eine rasche Umsetzung der Reform drängte die Interessensvertretung „Lebenswelt Heim“. Die in dem Bericht der „Taskforce Pflege“ beschriebenen Ziele und Maßnahmen müssten „ehebaldigst“ unter Einbeziehung von Pflegeorgansationen, Experten und Interessensvertretungen umgesetzt werden, forderte der Präsident des Bundesverbandes, Markus Mattersberger, in einer Pressekonferenz. Oberste Priorität bei der Reform müsse das Personal haben.

Die 17 Ziele und 63 Maßnahmenfelder aus fünf Themenfeldern, die im Strategiepapier der Taskforce beschrieben werden, enthalten zwar „durchaus gute Schwerpunkte“. Diese Ideensammlung müsse jetzt aber umgesetzt werden. „Die Zeit drängt“ sagte Mattersberger, der sich eine Reform „mutig und mit Weitblick“ wünscht. Leichte Skepsis ließ dazu der Obmann des steirischen Landesverbandes Altenpflege, Jakob Kabas, anklingen. Er verwies darauf, dass die jetzt von der Taskforce aufgegriffenen Themen bereits in der Pflegevereinbarung von 1993 angesprochen worden seien und stellte die Frage in den Raum, warum man jetzt etwas schaffen könne, was in 27 Jahren zuvor nicht geschafft worden sei.

Der Lebenswelt Heim - Bundesverband ist ein gemeinnütziger Verein und verbindet seit 1994 unter seinem Dach acht Landesorganisationen mit ca. 650 Einrichtungen und insgesamt rund 45.000 Mitarbeitern, die rund 96.000 Bewohner betreuen. Etwa 85 bis 95 Prozent der Bewohner seien bereits gegen Corona geimpft und rund 50 Prozent der Mitarbeiter, „Tendenz steigend“, wie Mattersberger erläuterte. Die Forderung der Seniorenorganisationen nach einer Lockerung der strengen Besuchsregelungen mit strengen Sicherheitsbestimmungen unterstützte Mattersberger deshalb auch.