Ringen um Rettung des Atomdeals mit dem Iran
Die internationale Gemeinschaft verstärkt ihre Bemühungen zur Rettung des Atomdeals mit dem Iran. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Montag in einem Beitrag für die UNO-Abrüstungskonferenz in Genf, dass Washington das Abkommen fortsetzen und „stärken“ wollen. Blinken beriet auch mit den EU-Außenministern darüber. Im iranischen Parlament gab es indes Proteste gegen die am Wochenende getroffene Kontrollvereinbarung mit der UNO-Atombehörde IAEA.
Blinken pochte in seinem Beitrag darauf, dass Teheran die Auflagen des Wiener Atomdeals erfüllt, inklusive der Kontrollen durch die IAEA. Zudem wolle man auch das „destabilisierende Verhalten“ des Iran in der Region und das Raketenprogramm des Landes ansprechen.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) begrüßte den Besuch des IAEA-Chef Rafael Grossi im Iran. Das „hat uns jetzt eine Atempause von drei Monate verschafft. Der Patient ist sozusagen stabilisiert, jetzt muss die Diplomatie Fuss fassen“. Nun wäre „Europa aufgerufen, hier jene Schritte zu entwerfen, wo beide Seiten aus dieser Pattsituation gesichtswahrend rauskommen“.
Der im Jahr 2015 geschlossene Wiener Atomdeal sei zwar weder in Washington noch in Teheran besonders populär, es gebe aber „eigentlich keine Alternative“ zu ihm, unterstrich Schallenberg gegenüber im Ö1-Morgenjournal. „Ohne diesen Deal hätte der Iran eventuell schon die Atombombe. Es ist alternativlos, wenn wir in der Golfregion ein atomares Wettrüsten verhindern wollen.“
Während Schallenberg neuerlich Wien als Verhandlungsort anbot, bekräftigte der deutsche Außenminister Heiko Maas als Vertreter einer der drei europäischen Vertragspartner des Deals, dass Berlin von Teheran „nicht weniger als die vollständige Einhaltung der Vereinbarung“ erwarte.
Im iranischen Parlament protestierten indes Hardliner gegen den Deal mit der IAEA. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Tasnim wurde am Montag die geplante Sitzung zum Budget des neuen persischen Jahres - ab 21. März - unterbrochen und eine nicht öffentliche Sitzung einberufen. In der soll die neue Vereinbarung mit der Wiener UNO-Agentur untersucht werden.
Grossi hatte am Sonntag in Teheran vom iranischen Atomchef Ali Akbar Salehi die Zusage erhalten, dass die Behörde ihre Kontrollen des iranischen Atomprogramms für drei Monate zumindest eingeschränkt fortsetzen kann. Die Inspektoren hätten zwar nicht den gleichen umfassenden Zugang wie vorher, doch er erwarte, dass sie ihre Aufgabe erfüllen könnten, sagte Grossi nach seiner Rückkehr nach Wien. Die Kontrollen sollen sicherstellen, dass das iranische Atomprogramm nur zivilen Zwecken dient. Die IAEA hofft, binnen drei Monaten eine weiterreichende Lösung zu finden.
Nach Ansicht einiger Abgeordneter steht die Vereinbarung mit Grossi jedoch nicht im Einklang mit dem im November 2020 mit den Stimmen der Hardliner verabschiedeten iranischen Atomgesetz. Außenamtssprecher Said Khatibsadeh hielt dagegen, dass die Zusammenarbeit mit der IAEA ab Dienstag eingeschränkt und zudem das Videomaterial der IAEA-Überwachungskameras für drei Monate konfisziert würden. „Alles im Rahmen des neuen Atomgesetzes“, sagte der Sprecher.
Die iranische Atomorganisation AEOI erklärte, wie vom Parlament angeordnet, werde der Iran ab Dienstag mit der IAEA nicht mehr im Rahmen des IAEA-Zusatzprotokolls, sondern lediglich auf der Basis des Atomwaffensperrvertrags zusammenarbeiten. Demzufolge werde es bei Inspektionen der Anlagen Einschränkungen geben.
Die AEOI bestätigte auch, dass die IAEA in den nächsten drei Monaten keinen Zugang mehr zum Videomaterial seiner Überwachungskameras haben werde. Falls in dieser Zeit eine politische Einigung erzielt werden sollte, erhalte die IAEA auch die Videos. Wenn nicht, würden sie gelöscht. Eine Einigung muss laut AEOI in erster Linie eine Aufhebung der US-Sanktionen beinhalten.
Das Wiener Atomabkommen von 2015 Teherans mit den fünf UNO-Vetomächten sowie Deutschland sollte den Iran am Bau einer Nuklearwaffe hindern, im Gegenzug sollten die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden. Unter Präsident Donald Trump stiegen die USA jedoch 2018 aus dem Deal aus und verhängten erneut Sanktionen, um den Iran wirtschaftlich niederzuringen. Weil die anderen Partner der Vereinbarung sich faktisch auch an die US-Sanktionen hielten, nimmt seit Mai 2019 auch der Iran Schritt für Schritt von dem Abkommen Abstand und hält zunehmend Abmachungen nicht mehr ein.
Dem Iran geht es hauptsächlich um die Sanktionen, die das ölreiche Land in die schlimmste Wirtschaftskrise seiner Geschichte gestürzt haben. Das könnte im iranischen Wahljahr auch innenpolitische Folgen haben. Teheran erklärt, nicht zu Atomverhandlungen mit der US-Regierung unter Joe Biden bereit zu sein, solange die USA nicht zum Abkommen zurückkehrten und ihre Sanktionen aufheben würden.