Deutsche Kanzlerin sieht Übergang in neue Pandemiephase
Der Lockdown in Deutschland zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird um drei Wochen bis zum 28. März verlängert - im Grundsatz. Denn Bund und Länder vereinbarten am Mittwochabend in einer knapp neunstündigen Videokonferenz zugleich weitere kleine Schritte in Richtung Öffnung: Ab 8. März an dürfen sich wieder höchstens fünf Personen aus zwei Haushalten treffen. Zudem gelten Buch- und Blumengeschäfte wie auch Gartenmärkte nun als „Einzelhandel des täglichen Bedarfs“.
Sie können daher wie Supermärkte unter Hygieneauflagen öffnen. Weitere Öffnungsschritte werden in einem Stufenplan vom Infektionsverlauf abhängig gemacht. Der Einzelhandel könnte demnach ab 8. März mindestens für Termin-Shopping öffnen. Für die Ostertage gilt weiter der Appell, auf „nicht zwingend notwendige Reisen“ zu verzichten. Das haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länder-Ministerpräsidenten am Mittwoch in Berlin in stundenlangen Verhandlungen beschlossen.
Vereinbart wurde die stufenweise Öffnungsstrategie mit eingebauter Notbremse: Führen einzelne Lockerungen zu einem starken Anstieg der Infektionszahlen in einer Region, werden automatisch alle schon erfolgten Erleichterungen wieder gestrichen. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 werden Öffnungen zurückgenommen und es gelten wieder die Regeln des Lockdowns. Am 22. März wollen Bund und Länder erneut beraten.
Merkel sprach bei einer Pressekonferenz von einem „Übergang in eine neue Phase“. Dies dürfe nicht mit Sorglosigkeit begleitet werden, „aber mit berechtigten Hoffnungen“. Es gehe nun aber darum, „die nächsten Schritte klug zu gehen“.
In Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 neuen Infektionen pro Woche können es auch Treffen des eigenen Haushalts mit zwei weiteren Haushalten mit zusammen maximal zehn Personen sein. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon jeweils ausgenommen. Neu ist: „Paare gelten als ein Haushalt.“ Bisher darf sich in Deutschland ein Hausstand mit maximal einer Person eines anderen Hausstandes treffen.
Bis Anfang April sollen weitere Maßnahmen die „nationale Teststrategie“ ergänzen: Personal in Schulen und in der Kinderbetreuung sowie allen Schülern soll pro Präsenzwoche mindestens ein kostenloser Schnelltest angeboten werden. Unternehmen sollen ihren in Präsenz Beschäftigten dies ebenfalls anbieten. Bis Ende der Woche soll es dazu eine Einigung mit der Wirtschaft geben. Alle Bürger ohne Corona-Symptome sollen über ihre Kommune kostenlos einen Schnelltest machen können. Die Kosten übernimmt ab dem 8. März der Bund. Eine „Taskforce Testlogistik“ soll die „größtmögliche Verfügbarkeit und zügige Lieferung von Schnelltests“ sicherstellen.
Steigt die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf über 100, werden die Kontakte wieder auf einen Haushalt und eine weitere Person beschränkt. Diese „Notbremse“ soll auch für andere Öffnungsschritte gelten.
ZWEITER ÖFFNUNGSSCHRITT (ab 8. März): Nach ersten Öffnungen im Schulbereich und für Friseure sollen nun auch Buch- und Blumenläden sowie Gartencenter unter Hygieneauflagen und Kundenzahlbegrenzungen ihre Türen wieder öffnen. Für körpernahe Dienstleistungen sowie Fahr- und Flugschulen gilt dies auch, aber dort werden tagesaktuelle Schnell- oder Selbsttests für Kunden und ein Testkonzept für das Personal vorgeschrieben.
DRITTER SCHRITT (frühestens ab 8. März): Weitere Öffnungsschritte werden abhängig gemacht vom Infektionsverlauf. Die Länder könnten demnach bei einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 unter Auflagen den Einzelhandel, Museen, Galerien, Zoos und Gedenkstätten öffnen, auch kontaktfreier Sport im Außenbereich würde erlaubt. Bei Inzidenz-Werten zwischen 50 und 100 sollen diese Bereiche nur eingeschränkt öffnen: Im Einzelhandel etwa würden nur Terminshopping-Angebote erlaubt (Click and meet). Kunden müssten vorher einen Termin buchen. Ähnliches würde für Museen gelten. Steigt die Sieben-Tage-Inzidenz auf über 100, greift die Notbremse mit einer Rückkehr zu den Lockdown-Regeln.
VIERTER SCHRITT (frühestens ab 22. März): Voraussetzung dafür ist, dass sich die Sieben-Tage-Inzidenz in dem Bundesland oder der Region nach dem dritten Öffnungsschritt für zwei Wochen nicht verschlechtert hat. Bei einer Inzidenz unter 50 dürfen Außengastronomie, Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos wieder öffnen. Auch kontaktfreier Sport im Innenbereich und Kontaktsport draußen werden erlaubt. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 könnte die Außengastronomie nur mit Terminbuchung erlaubt werden. Für Theater, Kinos und Ähnliches würden tagesaktuelle Schnell- oder Selbsttests vorgeschrieben. Bei einer Inzidenz über 100 greift wieder die Notbremse.
FÜNFTER SCHRITT (frühestens ab 5. April): Dieser setzt wiederum eine für zwei Wochen mindestens stabile Sieben-Tage-Inzidenz seit dem vierten Öffnungsschritt voraus - rechnerisch also frühestens der 5. April. Bei unter 50 Neuinfektionen könnten im Außenbereich Freizeitveranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmenden und Kontaktsport in Innenräumen erlaubt werden. In dieser zeitlich fortgeschrittenen Phase dürfte der Einzelhandel auch schon bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 unter denselben Auflagen öffnen wie im dritten Schritt bei unter 50. Steigt die Inzidenz auf über 100, greift wieder die Notbremse.
PERSPEKTIVE: Über Öffnungen in den Branchen Gastronomie, Kultur, Veranstaltungen, Reisen und Hotels soll in der nächsten Runde am 22. März beraten werden. Die Bürger bleiben weiter aufgerufen, „auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland zu verzichten“. Arbeitgeber bleiben bis zum 30. April aufgefordert, ihren Beschäftigten Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, sofern die Tätigkeiten es zulassen.