AK fordert „überdimensionale Anstrengungen“ für Frauen

Die Arbeiterkammer sieht Frauen in der Coronakrise massiv unter Druck geraten und fordert von der Regierung dringend Maßnahmen zur Verbesserung der Lage. „Schon vor der Krise waren Frauen massiv unter Druck. Jetzt kann alles, wofür wir Frauen in den vergangenen Jahrzehnten gekämpft haben, was wir erreicht haben, in nur einem Jahr verloren gehen. Unser Einsatz für eine geschlechtergerechte Gesellschaft muss sich gerade deshalb vervielfachen“, sagt AK-Präsidentin Renate Anderl.

Sie fordert gegenüber der APA von der Bundesregierung dringend Maßnahmen zur Verbesserung der Lage von Frauen ein. Es brauche arbeitsmarktpolitische Angebote gegen Frauenarbeitslosigkeit, zum Beispiel ein Qualifizierungspaket, Maßnahmen gegen Frauenarmut, höheres Arbeitslosengeld, mehr Angebote bei Kinderbetreuung, Ganztagsschulen und Pflege, volle Lohntransparenz in den Betrieben und eine Arbeitszeitverkürzung. „Die Regierung ist am Zug, rasch konkrete Pläne vorzulegen. Denn Gerechtigkeit kommt nicht durchs Klatschen.“

„Österreich hat einen der höchsten Einkommensunterschiede in der EU. Im Klartext heißt das: Erwerbstätige Frauen sind oft wirtschaftlich von einem Mann abhängig oder höchst armutsgefährdet oder gar arm. Als Folge niedrigerer Einkommen haben Frauen auch schwerwiegende Nachteile bei der sozialen Absicherung, insbesondere im Alter und, wie jetzt in der Coronakrise zu sehen, bei Arbeitslosigkeit“, so Anderl.

Einen „Backlash auf allen Ebenen“ ortet auch Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung für Frauen und Familie in der AK Wien. Die stark steigende Arbeitslosigkeit bei Frauen berge das Risiko, dass sich Abhängigkeit und Rollenmuster verfestigen. Es brauche dringend „überdimensionale Anstrengungen, um Frauen ausreichend zu fördern“. So müsse der öffentliche Sektor als Arbeitgeber für Frauen forciert, die Kinderbetreuung ausgebaut und in die institutionalisierte Pflege investiert werden. Das seien existenzielle Bereiche, in denen man Frauen enorm entlasten könnte.

Das habe sich auch in der Krise gezeigt, so Moritz, die meint, dass die Gesellschaft durch die Pandemie frauenpolitisch einige Schritte zurückgefallen sei. „Das Krisenmanagement ist männlich, aber die Arbeit ist an den Frauen hängen geblieben. Die Politik wäre jetzt extrem gefordert, ein Gleichstellungspaket zu schnüren.“ Bisher sei hier nichts geschehen, kritisiert die AK-Expertin.

Dabei ist die Lage am Arbeitsmarkt für Frauen auch ohne Corona schwierig. Ein Blick zurück in die vergangenen 20 Jahre zeigt, dass zwar die Erwerbstätigenquote von Frauen von 59 auf 69 gestiegen ist, gleichzeitig aber auch die Teilzeitquote von unselbstständig erwerbstätigen Frauen von 33 auf 48 Prozent angewachsen ist. Auch die Lohnunterschiede zwischen Männer und Frauen werden weniger, aber sie sind noch da. Frauen verdienen in Österreich um 19,9 Prozent weniger als Männer. Im EU-Vergleich liegt Österreich damit weiterhin deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 14,1 Prozent.

„Das hat damit zu tun, dass in Österreich zu wenige Akzente gesetzt werden und es keine konkreten Zielsetzungen, wohin man will, gibt.“ Vorhaben würden nur sehr halbherzig umgesetzt, als Beispiel dafür nennt Moritz die Einkommensberichte. Die Unternehmen erheben Lohnunterschiede, aber es gibt keine Verpflichtungen, die Schere zu verringern. „Es gibt keine verbindlichen Regelungen.“ Gleichzeitig werde den Frauen einiges umgehängt, von der Pflege bis zur Kinderbetreuung. „Der Staat macht die Augen und Ohren zu, wenn es um die Pflege geht, und dann wundert man sich, dass Frauen nur Teilzeit arbeiten“, so Moritz.

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