Papst mahnt Iraker zum Frieden: „Waffen sollen schweigen“

Zum Auftakt seiner viertägigen Irak-Reise hat Papst Franziskus die Bevölkerung des Krisenlandes zu Frieden und „geschwisterlichem Zusammenleben“ aufgefordert. Ein wirksamer Prozess des Wiederaufbaus sei nur möglich, wenn man sich trotz aller Unterschiede als „Mitglieder der einen Menschheitsfamilie“ sehe, mahnte er laut Kathpress am Freitag in Bagdad. Es sei „genug der Gewalt, des Extremismus, der Gruppenbildungen und der Intoleranz“, betonte Franziskus,

„Die Waffen sollen schweigen“, forderte der Papst. In der Rede vor Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft im Präsidentenpalast würdigte das katholische Kirchenoberhaupt die Vielfalt des Irak. Er sprach von einer „Wiege der Zivilisation“, die durch den gemeinsamen Stammvater Abraham Juden, Christen und Muslime eng miteinander verbinde. Die verschiedenen Religionen, Kulturen, Ethnien seien eine jahrtausendealte „wertvolle Ressource“ - und kein Hindernis. Nicht zuletzt die Präsenz der Christen stelle ein „reiches Erbe“ dar, das es zu bewahren gelte.

Harmonisches Zusammenleben funktioniere aber nicht ohne einen geduldigen und aufrichtigen Dialog, so der Papst. Dieser Prozess müsse „von Gerechtigkeit und der Achtung des Rechts“ geschützt werden. Das sei keine leichte Aufgabe.

Nach blutigen Protesten 2019/2020 strebt der von jahrelangem Krieg, Terror und Aufständen geplagte Irak Parlamentswahlen im Oktober an. Immer wieder kommt es jedoch zu Gewalt - auch zwischen den religiösen Gruppen der Region. Belastend wirken sich obendrein die Folgen der Corona-Pandemie aus. Die Infektionszahlen nahmen zuletzt deutlich zu.

Franziskus appellierte an alle Verantwortlichen, ihre „Rivalitäten und Gegensätze zu überwinden“. Niemand dürfe als Bürger zweiter Klasse angesehen werden. Der Heilige Stuhl werde nicht müde, sich für Schutz, Achtung und Anerkennung aller religiösen Gemeinschaften einzusetzen: „Gott lasse uns als Brüder und Schwestern gemeinsam unterwegs sein.“ Denn die wahre Lehre der Religion sei vor allem eine Einladung zum Frieden. Der Name Gottes könne keinesfalls dazu benutzt werden, Mord, Terror und Unterdrückung zu rechtfertigen.

Er komme als „Pilger des Friedens“ und „als Büßer“, betonte der Papst vor den versammelten Politikern und Diplomaten. Als solcher bitte er „den Himmel und meine Brüder und Schwestern um Vergebung für so viel Zerstörung und Grausamkeit“ in den vergangenen Jahren. Kriege, die „Geißel des Terrorismus“ und fundamentalistisch geprägte konfessionelle Konflikte hätten dem Irak „Tod, Zerstörung und Trümmer“ beschert.

Franziskus hob beispielhaft das Schicksal der Yeziden hervor: „Unschuldige Opfer sinnloser und unmenschlicher Barbarei, die wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt und getötet wurden und deren Identität und Überleben selbst gefährdet war“. Nun sei es an der Zeit, jenen mehr Raum zu geben, die sich für Versöhnung einsetzten. „Man lasse die Friedensstifter, die Gestalter des Friedens zu Wort kommen“, forderte der 84-Jährige. Der internationalen Gemeinschaft komme dabei eine wichtige Rolle zu.

Die Regierung des Irak soll sich nach den Worten des Argentiniers um bessere Bildungschancen für die Bevölkerung bemühen. Zudem seien effektive Maßnahmen gegen Armut und Arbeitslosigkeit notwendig, damit alle ein würdevolles Leben führen könnten. „Nach einer Krise ist es mit einem Wiederaufbau nicht getan - dieser muss auch gut gemacht sein“, so der Papst. Der „Geist geschwisterlicher Solidarität“ könne nur wirken, wenn Korruption, Machtmissbrauch und Illegalität bekämpft würden.

Unmittelbar vor seiner Rede war Franziskus mit Staatspräsident Barham Salih zusammengetroffen. Die Anwesenheit des obersten Repräsentanten der katholischen Kirche erfülle die Iraker mit Stolz, sagte Salih bei der Begrüßung und dankte dem Papst für den „historischen Besuch“. Er sprach sich ebenfalls für religiöse Toleranz aus und sagte Terror und Extremismus den Kampf an. Die Christen des Landes hätten viel Leid erfahren müssen. Doch sie würden gebraucht, um den Irak zu einem „Ort der Harmonie“ zu machen.

Der Orient sei ohne Christen „nicht vorstellbar“, so der Präsident. Ihre Auswanderung habe „verheerende Folgen“ unter anderem für die Werte des Pluralismus und der Toleranz. Er hoffe daher auf eine Rückkehr der vielen Ausgewanderten und Vertriebenen. Dazu brauch es Sicherheit in der Region, aber auch einen energischen Einsatz für wirtschaftliche Stabilität, sagte Salih.

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