Oberösterreicher in Graz wegen Mordverdachts vor Gericht

Ein 35-jähriger Oberösterreicher muss sich seit Montag im Grazer Straflandesgericht wegen des Verdachts des Mordes und des versuchten Mordes verantworten. Er soll im Februar 2020 seine 34-jährige Ex-Freundin im oststeirischen Großwilfersdorf laut Staatsanwaltschaft „kaltblütig“ ermordet und auch auf deren Bruder geschossen haben. Der Angeklagte stritt das ab und sein Verteidiger sprach von einer Notwehrsituation. Zumindest bis Donnerstag soll verhandelt werden.

Staatsanwalt Christian Kroschl schilderte den „nicht alltäglichen Fall“ und sprach von einem „besonders grausamen Verbrechen“ des Juristen. Er soll seine ehemalige Lebensgefährtin am 23. Februar 2020 in deren Haus „in zerstörerischer Wut, eiskalt und gnadenlos erschossen“ haben. Acht Mal soll er gefeuert haben, sechs Mal traf er die Oststeirerin, Betreiberin eines Kosmetikstudios mit mehreren Mitarbeitern und Mutter einer 13-jährigen Tochter, die damals gerade bei ihrem Vater war.

Mitten drin war allerdings ein Bruder der Steirerin, den sie angerufen hatte, als ihr Ex auftauchte. Der Angeklagte soll auch auf diesen geschossen haben, doch ihn verfehlte der 35-Jährige offenbar. Der Staatsanwalt sah als Motiv die Wut eines gekränkten, verlassenen Mannes. „Er wollte die Kontrolle, und verkraftete nicht, dass sie nichts mehr von ihm wissen wollte.“ Vor der Tat gab es Drohungen, denn „er ertrug die Niederlage nicht“, so Kroschl weiter.

Schon Tage davor soll er mit einem Schlüssel, den er noch besaß, ins Haus der Frau eingedrungen sein, um „persönliche Sachen zu holen“, darunter angeblich auch seine Pistole, die er legal besaß und im Haus der Frau aufbewahrt hatte. Er meldete die Waffe dann aber als gestohlen.

Die ganzen Umstände machten der Frau immer mehr Angst, sie schaltete die Polizei ein, informierte auch ihre Nachbarn und bat diese, aufmerksam zu sein: „Er ist - ohne zu übertreiben - sehr gefährlich“, stand in der Nachricht. „Sie hatte scheinbar eine böse Vorahnung“, meinte der Staatsanwalt. Am 23. Februar kam der Angeklagte dann mit einem fremden Wagen in die Oststeiermark und stieg laut Anklage über ein Fenster ins Haus ein und stand dann plötzlich mit der Waffe vor ihr.

„Sie schrieb ihrem Bruder noch: ‚Er hat mich.‘“, so der Staatsanwalt. Als dieser beim Haus auftauchte, soll der Oberösterreicher auf die Frau zu schießen begonnen haben. Er traf sie durch eine Tür hindurch in den Bauch. Sie flüchtete mit ihrem Bruder in die Küche, weitere Schüsse fielen. Die 34-Jährige floh dann in den Schrankraum. „Er rannte ihr nach, getrieben vom Willen sie zu töten“, schilderte Kroschl. Er traf sie weitere Male, sie ging zu Boden und dann stellte er sich über sein Opfer und „drückte wie bei einer Hinrichtung noch zwei Mal eiskalt ab“, führte der Ankläger aus.

Dann ging der Beschuldigte offenbar noch mit der Waffe in der Hand vor das Haus und meinte: „Wäre g‘scheiter, ihr ruft die Rettung.“ Laut dem Ankläger schwieg der Beschuldigte dann sieben Monate lang in der Untersuchungshaft. Erst als die Ermittlungen abgeschlossen waren und der Akt eingesehen werden konnte, „sagte er plötzlich, sie habe eine Waffe in der Hand gehabt und er hatte Angst und in Notwehr gehandelt“. Der Bruder soll die Waffe dann verschwinden haben lassen, ehe die Polizei das Haus durchsuchte, war die Verteidigung.

Das Oberlandesgericht Graz ließ den Einspruch auf die Anklage nicht gelten und sprach von einem „schlichten Versuch einer haltlosen Ausrede“, so Kroschl. Der Staatsanwalt ist überzeugt: „Er hat aus reiner, kaltblütiger Mordabsicht gehandelt.“

Verteidiger Gerald Ruhri meinte, dass die Anklage seinem Mandanten gegenüber nachteilig ausgelegt worden sei: „Ob es so war, ist hier in der Hauptverhandlung zu prüfen.“ Und im Zweifel müsse man den Angeklagten freisprechen. Sein Eröffnungsplädoyer wurde dann von der Gerichtspräsidentin unterbrochen, denn sie überprüfte die Einhaltung der Covid-Maßnahmen und sorgte für die nötigen Abstände der Zuschauer im Gerichtssaal.

Ruhri fuhr dann fort und meinte, dass sein Mandant nach der Trennung Ruhe, aber auch noch seine Waffe zurück haben wollte. „Das einzige, was sie noch verband, war diese blöde Waffe, die noch im Haus war.“ Er sei daher ins Haus und wollte sie holen, doch im sogenannten Katzenzimmer traf er auf seine frühere Freundin. Es soll sogar ein „halbwegs vernünftiges Gespräch“ gegeben haben, sagte der Verteidiger.

Dann sei alles innerhalb weniger Sekunden passiert. Die Frau soll selbst eine Waffe gehabt haben, der Oberösterreicher habe Angst gehabt und schoss durch eine geschlossene Tür hindurch. Er traf sie in den Bauch. Dann sei er hinaus und sah, dass die Steirerin eine Waffe in der Hand hat: „Er schoss auf sie, ohne, dass sie einen Schuss abgeben konnte.“ Dass er dann noch über ihr stand und schoss, sei laut Ruhri „theatralisch“, aber entspreche nicht der Wahrheit.

Der Verteidiger forderte die Auswertung einer Audio-Datei an, die durch den Notruf aufliegen würde und die Licht in die Sache bringen könnte. Er ist sich sicher, dass sein Mandant keinen Plan hatte, seine Ex-Freundin zu töten: „Beide hatten eine Waffe und das heißt dann Notwehr und wenn diese zu viel ist, ist es Notwehrüberschreitung.“ Ruhri kritisierte auch, dass Daten aus Überwachungskameras nicht vorliegen würden. Die Datenträger hätten gefehlt. Er meinte, dass die Brüder des Opfers „Zeit und die Möglichkeit“ hatten, Beweise im Haus verschwinden zu lassen.

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