Frauentag im Nationalrat
Der Frauentag war am Montag erstmals Anlass einer Sondersitzung des österreichischen Nationalrats. Auch wenn sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der Diagnose der besonders schwierigen Situation von Frauen in der Pandemie nicht uneinig waren, blieb genug Platz für Dissonanzen. Auch FPÖ und NEOS zeigten sich unzufrieden.
Der Frauentag sei kein Tag der Partys und Feierlichkeiten sondern ein Tag des Kampfes und des Protests für mehr Gerechtigkeit und weniger Ungleichheit, betonte Rendi-Wagner. Die Ungleichbehandlung von Frauen setze sich in der Krise fort und verschärfe sich sogar, betonte die SPÖ-Chefin. Auf unterschiedlichsten Ebenen sei anzusetzen: „Das wichtigste ist, dass rasch und konsequent gehandelt wird.“
Der „Dringliche Antrag“, der Basis der Sondersitzung war, wurde von den Sozialdemokraten umfangreich gestaltet. Gefordert wurden unter anderem ein Konjunkturpaket unter besonderer Berücksichtigung der Anliegen weiblicher Arbeitnehmer und eine Unterhaltsgarantie. Dazu kommen sollten gezielte Frauen-Arbeitsmarktförderungen, mehr Geld für Gewaltschutz und Kinderbetreuungseinrichtungen, ein Soforthilfepaket für Alleinerziehende sowie Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation von Ein-Personen-Unternehmen. Als „notwendiger denn je“ bezeichnete Rendi-Wagner eine Erhöhung des Arbeitslosengelds. Zustimmung bekam der Antrag nur von der Opposition.
Im Gegenzug verwies Kurz darauf, dass das Frauenbudget um fast 50 Prozent gesteigert worden sei. Dazu gebe es ein Rekordbudget des Finanzministers für Arbeitsmarkt und Wiedereinstieg. „Wir sind bei den Hilfen Weltspitze und das ist gut so“, rühmte der Kanzler seine Regierung. Hoffnung hat er, dass künftige Öffnungsschritte Frauen wieder entsprechend in Beschäftigung bringen. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) erinnerte daran, dass es im Budget des Arbeitsmarktservice (AMS) heuer zu einer überproportionalen Förderung von Frauen kommt.
Vor allem SPÖ und FPÖ zeigten sich mit Kurz‘ Wortmeldung höchst unzufrieden, und das auch, weil er die Debatte zur Verurteilung von Gewalt und Antisemitismus bei den jüngsten Anti-Corona-Protesten in Wien nützte. SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek zählte nur sieben den Frauen gewidmete Redeminuten des Kanzlers und warf ihm Respektlosigkeit vor. Es fehlten Taten von allen Regierungsmitgliedern, und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) befinde sich „ein bisschen im Dämmerschlaf“.
Ihre FP-Kollegin Rosa Ecker sah das ähnlich. Kurz habe „die Maske fallen gelassen“ und gezeigt, wie wenig wichtig ihm Frauenanliegen tatsächlich seien. Sie forderte eine Richtungsänderung, aber auch ein Ende der Coronamaßnahmen, damit die Frauen wieder Familienfeste ohne Einschränkungen kämpfen könnten. Henrike Brandstötter (NEOS) kritisierte, dass der Wunsch nach Gleichberechtigung oft noch wie eine Vision von einem anderen Planeten wirke, etwa wenn Mädchen am Land bei der freiwilligen Feuerwehr mitmachen wollten.
Hier traf sie sich mit der Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer. Die sprach von jahrhundertelanger Sisyphosarbeit und warnte vor einen antifeministischen Backlash in der Krise. „Für uns ist 365 Tage im Jahr Frauentag“, betonte sie. Die Wortmeldung des Kanzlers zu den Demos am Wochenende verteidigte sie. Überall dort, wo Antisemiten und Neofaschisten aufmarschierten, spiele auch die Frauenverachtung mit, meinte Maurer.
Seitens der ÖVP verteidigte Elisabeth Pfurtscheller den Bundeskanzler. Ressortchefin Raab erinnerte dann an breite Unterstützungsmaßnahmen für Frauen und „noch nie da gewesene Familienleistungen“ in der Krise. „Ich möchte, dass jedes Mädchen in Österreich weiß, dass es werden kann, was es will“, unterstrich sie und verwies auf eine neue, mit 1,3 Mio. Euro dotierte Förderinitiative für naturwissenschaftliche Berufe.