Regierungsbildung nach Parlamentswahl in Israel ungewiss

Nach Israels vierter Parlamentswahl in zwei Jahren ist Regierungschef Benjamin Netanyahu für eine Mehrheit auf die Unterstützung eines ultrarechten Rivalen angewiesen. Nach Auszählung von mehr als 80 Prozent der Stimmen blieb die rechtskonservative Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Mittwoch mit 31 Mandaten stärkste Fraktion. Auf Platz zwei kam mit 18 Sitzen die Zukunftspartei des Oppositionsführers Yair Lapid, der eine Koalition mit Netanyahu ablehnt.

Das rechtsreligiöse Lager um Netanyahu kam demnach auf 56 von 120 Mandaten. Der Anti-Netanyahu-Block erzielte 57 Sitze. Mit sieben Sitzen der siedlerfreundlichen Yamina-Partei hätte Netanyahus Block aber eine Mehrheit von 63 Mandaten. Der Jamina-Vorsitzende Naftali Bennett ist ein politischer Rivale Netanjahus, das Verhältnis der beiden gilt als angespannt.

Das Bild kann sich jedoch bis Auszählung aller Stimmen, mit der nicht vor Freitag gerechnet wird, noch verschieben. Aktualisierte Prognosen von drei Fernsehsendern zeigten in der Nacht eine Pattsituation zwischen beiden Lagern oder sogar einen leichten Vorteil des Lagers, das Netanyahu ablösen will.

Die Bildung einer Regierung dürfte grundsätzlich für das Anti-Netanjahu-Lager äußerst schwierig werden - manch potenzielle Koalitionäre liegen inhaltlich weit auseinander. Eine fünfte Wahl noch im Sommer ist deshalb weiterhin nicht auszuschließen

Netanyahu sprach sich in einer Ansprache in der Nacht gegen eine weitere Wahl aus und rief zur Bildung einer stabilen Regierung auf. Dabei schließe er niemanden als potenziellen Koalitionspartner aus, sagte der 71-Jährige.

Eine Regierungsbildung hängt davon ab, ob sich die rechte, siedlerfreundliche Yamina-Partei auf Netanyahus Seite schlägt. Deren Vorsitzender Naftali Bennett war zwar mit dem Ziel in den Wahlkampf gegangen, Netanyahu abzulösen. Er hat allerdings auch nicht ausgeschlossen, in eine Koalition mit diesem einzutreten. Bennett sagte am Wahlabend in einer ersten Reaktion: „Ich werde nur das tun, was für den Staat Israel gut ist.“

Wegen der coronabedingten Umstände der Wahl dauert es diesmal länger, bis ein vorläufiges Endergebnis feststeht. So soll die Auszählung der sogenannten doppelten Umschläge mit Stimmen von Soldaten, Diplomaten, Häftlingen und Corona-Kranken erst Mittwochabend beginnen. Einem Medienbericht zufolge wird sich deren Zahl, die bei der Wahl vor einem Jahr noch 330.000 betragen hatte, diesmal fast verdoppeln. Dies entspricht demnach etwa 15 der 120 Mandate.

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