Heftige Corona-Debatten im Nationalrat: Kurz und Kickl im Verbalmatch
Einmal mehr gibt es wegen des Corona-Krisenmanagements der türkis-grünen Regierung heftige Debatten im Nationalrat. Besonders zwischen den Ex-Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ.
Von Karin Leitner
Wien – Die Nationalratssitzung beginnt ungewöhnlich. „Zur Geschäftsordnung“, wie es technisch heißt, meldet sich ÖVP-Mandatar Michael Hammer: „Wir haben es mittlerweile großteils mit der sehr infektiösen britischen Mutation des Coronavirus zu tun. Bei aller Leidenschaft für die vielen wichtigen Beschlüsse, die wir in dieser Woche treffen werden, habe ich angesichts der FPÖ-Fraktion, die sich allen Corona-Maßnahmen im Hohen Haus widersetzt, Angst um meine Gesundheit. Ich halte es für unzumutbar, dieser Gefahr ausgesetzt zu sein.“ Und so werde er die Debatten nicht im Plenarsaal, sondern in seinem Büro verfolgen, nur bei Abstimmungen präsent sein.
Hammer verweist auf den oberösterreichischen FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner; dieser ist im Spital, auf der Intensivstation. Konter der freiheitlichen Mandatarin Dagmar Belakowitsch: „Ich bin entsetzt, wie ein Krankheitsfall missbraucht wird.“
Gegen die ÖVP wendet sich auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl in der von seiner Partei beantragten „Aktuellen Stunde“ unter dem Titel: „Maskenbetrug, Testzwang und Impfdesaster – Übernehmen Sie Verantwortung für Chaos und gebrochene Versprechen, Herr Bundeskanzler!“
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Kurz und Kickl werfen sich Verantwortungslosigkeit vor
Er wolle mit Sebastian Kurz über den Begriff Verantwortung diskutieren, sagt Kickl. Er zeiht den Regierungschef, trotz – aus seiner Sicht – nicht gesicherten Wissens über die Impfstoff-Wirkung via „Grünen Pass“ die hiesigen Bürger zum Impfen zu zwingen. Ein NBC-Interview mit dem Pfizer-Geschäftsführer habe ergeben, „dass wir uns in Sachen Impfung immer noch in der Testphase befinden – und im Trüben fischen“. Der Pfizer-Vertreter wisse nicht, ob zwei Teilimpfungen vor der Übertragung des Coronavirus bewahren. Kickl an Kurz: „Sie agieren nicht wie ein Staatsmann, der die Bevölkerung schützt, sondern wie ein Vertreter der Pharmaindustrie.“ Kurz solle auch die Verantwortung für die Vorgänge beim Maskenhersteller Hygiene Austria übernehmen: „Die konsequenteste Form wäre, wenn Sie zurücktreten – und die Regierungsmannschaft mitnehmen.“
Der Kanzler entgegnet Kickl, den er unter Türkis-Blau zum Innenminister gemacht hatte, verbal scharf: „Sie halten sich nicht an die Regeln. Sie verführen Menschen, sich nicht an die Regeln zu halten. Sie gefährden damit andere.“ Das sei „verantwortungslos“. Zwischenrufe der Blauen bei des Kanzlers Rede. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ein ÖVP-Mann, meldet sich: „Ich bitte, nicht permanent zu unterbrechen.“
Die Oppositionelle Pamela Rendi-Wagner ist nun am Wort. „Eine rasche Trendumkehr“ sei vonnöten: „Würde die Regierung den Mut zur Ehrlichkeit haben, Entschlossenheit an den Tag legen, ein klares Ziel haben, wäre auf den entscheidenden letzten Metern eine gemeinsame Kraftanstrengung im Kampf gegen Corona möglich.“ Der SPÖ-Obfrau-Befund: „Nicht-Entscheiden ist Ausdruck von Planlosigkeit, Hilflosigkeit und ein Zeichen des Autoritätsverlustes – und das mitten in einer Jahrhundertkrise.“
Grün-Mandatar Ralph Schallmeiner zielt rhetorisch gegen Kickl: „Sie reden Masken schlecht, kampagnisieren, tun so, als wären diese der erste Schritt in die Diktatur.“ NEOS-Mandatar Gerald Loacker thematisiert die Impfstoffbeschaffung. Kurz habe diese zur „Chefsache“ erklärt, herausgekommen sei ein „Pallawatsch“. Zu behaupten, die Verträge dazu erst am 14. März bekommen zu haben, sei unglaubwürdig: „Das können Sie Ihrer Oma erzählen.“
Was im Nationalrat fixiert worden ist
Im Nationalrat sind Mindestanforderungen für das Studium fixiert worden. Die Novelle des Universitätsgesetzes haben die Mandatare der türkis-grünen Koalitionäre beschlossen. Studienanfänger müssen eine Mindestleistung von 16 so genannten ECTS-Punkten binnen der ersten vier Semester erbringen.
Weiters gesetzlich festgelegt: Der „Familienhärtefonds“ wird um 50 Millionen Euro aufgestockt. 26 Millionen gibt es für einkommensschwache Familien und „besonders vulnerable Personengruppen“. Sozialhilfe- und Mindestsicherungsbezieher bekommen einmalig 200 Euro pro Kind. Die „Härtefallregelung für Familienhilfebezieher“: 102 Millionen Euro sind im „Covid-19-Krisenbewältigungsfonds“ vorgesehen. Um Mieter zu entlasten, sollen erst im Jahr 2022 die Richtwert- und Kategoriemieten „angepasst“ werden. Was die Kultur- und Sportbranche anlangt: Gutscheine, die für entfallene Veranstaltungen ausgegeben worden sind, sollen – falls nötig – bis Ende 2023 gelten.
Auf die steuerlichen Regelungen für das Home-Office folgen die arbeitsrechtlichen. Home-Office liegt demnach vor, wenn die Leistungen „in der Wohnung“ erbracht werden, Dahingehendes (schriftlich) von Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart worden ist. Im Falle des regelmäßigen Werkens daheim hat der Dienstgeber die erforderlichen digitalen Mittel wie etwa einen Laptop oder notwendige Datenverbindungen bereitzustellen bzw., wenn anderes vereinbart worden ist, die Kosten „angemessen“ zu ersetzen.