Nachwuchs bei Weichschildkröten in Grazer Zuchtstation

Seit Jahren versuchen Experten bedrohte und gefährdete Schildkrötenarten in Gefangenschaft zu züchten. Selten mit Erfolg. Bei der Rotrückigen Klappen-Weichschildkröte (Cycloderma aubryi) ist das jetzt gelungen. Geglückt ist das Unterfangen in der Erhaltungszucht-Station für vom Aussterben bedrohte Schildkröten-Arten „Turtle Island“ in Graz, wie der Zoologe und Leiter der Station, Peter Praschag, am Donnerstag der APA berichtete.

Von den heute rund 360 bekannten Schildkrötenarten sind über 60 Prozent bedroht oder bereits ausgestorben. „In ihren natürlichen Verbreitungsgebieten werden sie als Proteinquelle genützt und intensiv bejagt“, schilderte der Grazer Zoologe im Gespräch. Nicht anders steht es um die Rotrückige Klappen-Weichschildkröte.

Über die Ökologie der nur wenige Zentimeter großen Art ist kaum etwas bekannt. Ihr Verbreitungsgebiet liegt im westlichen und mittleren Zentralafrika und ist auf das Kongobecken begrenzt. „Sie lebt extrem versteckt, so dass es sehr schwer ist, sie in freier Wildbahn zu finden. Wenn, dann wird sie von der lokalen Bevölkerung gegessen oder landet auf Fleisch und Fischmärkten“, sagte Praschag.

Zwei Exemplare leben seit mehreren Jahren in Praschags Station in Graz. „Ich habe sie von einem tschechischen Schildkrötenliebhaber im Tausch bekommen, nach Jahren stellte sich endlich Nachwuchs ein. „Die Tiere sind sehr friedlich, aber extrem stressempfindlich, so dass sie nicht mit anderen Arten zusammen gehalten werden können“, hat Praschag im Laufe der Jahre gelernt. Mit ausreichend Ruhe wurden die Nachzuchtbemühungen nun von Erfolg gekrönt. Seit rund einem Monat zählt man sechs Neuankömmlinge. Und anscheinend sind die beiden Elterntiere jetzt auf den Geschmack gekommen: „Beim letzten Röntgen der Mama haben wir 21 neue Eier entdeckt.“

Die kleinen, orangen Neuankömmlinge werden noch einige Jahre in Graz bleiben. Auf lange Sicht sei es aber das Ziel von „Turtle Island“, diese in menschlicher Obhut gezüchteten Exemplare wieder in ihren Ursprungsländer auszuwildern. „Das kann aber nur mit gezielten Aufklärungskampagnen vor Ort in den Herkunftsländern, sowie durch längerfristige finanzielle Unterstützung für die Nachzuchtstation in Graz gelingen“, betonte der Zoologe.

„Turtel Island“ ist in Österreich als wissenschaftliche Institution und Zoo der Kategorie A anerkannt. Ziel ist es, weltweit gefährdete Schildkrötenarten nachzuzüchten. „Wir finden weltweit Arten, die in der Natur in ihrem Bestand bedroht und kaum mehr vorhanden sind, und ermöglichen eine Nachzucht. Ohne diesen Einsatz wären schon viele wunderbare Schildkröten-Arten ausgestorben“, betonte Praschag. Mit über 200 Arten und mehr als 1.600 Schildkrötenexemplaren an den drei Standorten in Graz habe man in den vergangenen 40 Jahren „eine der weltweit größten und bedeutendsten Schildkrötensammlungen“ aufgebaut.

Durch den stetigen Zuwachs bei „Turtle Island“ - erst jüngst hat man die Sammlung des Mainzer Experten Walter Sachsse mit 70 verschiedenen Arten und 180 Exemplaren bekommen - wird laufend mehr Platz notwendig. Zur Mit-Finanzierung des Ausbaus des Glashauses in Graz läuft aktuell eine Crowdfunding-Kampagne.

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