Impfstreit im Nationalrat fortgesetzt

Der Streit um die Verantwortung für das eher gemächliche Impftempo in Österreich geht weiter. Die SPÖ bemühte am Freitag Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu einer „Dringlichen Anfrage“ ins Hohe Haus, um Aufklärung zu erhalten. Dieser wies Vorwürfe aller Art zurück und bestritt, beim Impfen gespart zu haben. Die FPÖ versuchte ihn per Misstrauensantrag um das Amt zu bringen - aber die Oppositionsstimmen reichten dafür nicht aus.

Ein Budgetlimit beim Impfstoff wäre geradezu absurd gewesen, betonte Blümel in Beantwortung der SPÖ-Anfrage. Die Position sei immer gewesen, so viel wie möglich zu beschaffen. Wie man am Beispiel Kurzarbeit sehe, sei immer Geld nachgeschossen worden, wenn dies nötig gewesen sei.

Die SPÖ hatte sich an die Spitze der Blümel-Kritiker gestellt, weil in einem Ministerratsvortrag vom Finanzministerium der Wunsch des Gesundheitsressorts nach einem Budget von mehr als 200 Millionen für Impfungen zurückgewiesen worden sei. Der Finanzminister meinte dazu, eine Formulierung „kostet mehr als“ sei nicht adäquat für das Haushaltsrecht.

Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried ist dagegen überzeugt, dass Blümel sparen habe wollen. Wörtlich sprach er bei der Begründung der „Dringlichen“ Freitagnachmittag im Nationalrat von „Impfknauserei“. Mit den vorhandenen 200 Millionen hätten nicht die Impfstoffe bestellt werden können, die bestellbar gewesen wären - für Leichtfried ein „unglaublicher Fehler“.

Wegen dieses „Geiz ist geil“-Mottos könnten die Österreicher nicht geimpft werden, ärgerte sich Leichtfried. Blümel sprach im Gegenzug von einer „Politik der Angstmacherei“.

SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner blieb dennoch bei der Kritik: Die Regierung habe am falschen Platz, beim Impfen, gespart - und gleichzeitig 210 Mio. Euro für PR ausgegeben. Aber: „Die Leute wollen keine Pressekonferenzen, sie wollen Impftermine.“

Die ÖVP trat der Oppositionskritik teils recht scharf entgegen: „Billig - billiger - SPÖ und Oppositionspolitik“ hielt Christian Stocker SPÖ und FPÖ vor und sprach von „billiger Polemik“. Wenn behauptet werde, es habe für Impfstoff einen Deckel von 200 Mio. gegeben, dann sei das „peinlich und lächerlich“ - verwies der ÖVP-Abgeordnete auf die veranschlagten 52 Mrd. Euro Corona-Unterstützungen.

FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch überzeugte er damit nicht. Aus den Ministerratsbeschlüssen gehe hervor, dass der Finanzminister nur 200 Mio. Euro für Impfstoff ausgeben wollte. „Koste es was es wolle“ gelte offensichtlich „nur für ÖVP-nahe Berater und ÖVP-nahe Unternehmungen“, aber nicht fürs Impfen, merkte die Freiheitliche an - und brachte den Misstrauensantrag gegen Blümel ein.

Diesen fand der Grüne Michel Reimon bemerkenswert: Dies war nämlich der erste Misstrauensantrag, den er je sah, auf dem keine Begründung stand. Eine solche wäre der FPÖ sehr schwer gefallen, merkte er an - weil sie könne ihr Misstrauen gegen den Finanzminister nicht damit begründen, dass er zu wenig fürs Impfen ausgegeben habe - während Klubobmann Herbert Kickl (FPÖ) „bei der nächsten Demo“ dann kritisiere, dass überhaupt Geld dafür eingesetzt werde.

Seitens der Grünen trat Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner an, um - unterfüttert mit vielen Zahlen - das Vorgehen der Regierung rund um die Impfungen zu verteidigen. Es stimme nicht, dass nur 200 Mio. Euro zur Verfügung stünden, sagte er: „Das Hauptthema ist nicht die Bestellmenge sondern einerseits die Lieferlogistik und zum anderen die Verimpfungsgeschwindigkeit.“

Für Gerald Loacker (NEOS) blieb es dennoch „Fakt, dass wir die Impfstoffe nicht haben, die wir haben könnten oder haben müssten“ - etwa 750.000 Johnson & Johnson-Dosen um 10,4 Mio. Euro. Gleichgültig sei, ob Gesundheits- oder Finanzminister „die Sache vermasselt haben“ - Tatsache sei, dass „das Impfen nicht funktioniert, auch wenn Sie es noch so schön reden“, kritisierte der pinke Gesundheitssprecher.

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