In letzter Sekunde vor Fels in Sicherheit gebracht: „Der Lärm hat mich geweckt“
In Neustift im Stubaital stürzte gestern ein riesiger Felsen auf ein Haus und durchschlug die Fassade. Niemand wurde verletzt. Einer der Bewohner konnte sich in letzter Sekunde in Sicherheit bringen.
Von Benedikt Mair
Neustift im Stubaital – Christian Rainer schreckte aus dem Schlaf hoch. Es war kurz nach zwei Uhr, Freitagfrüh. „Der Lärm hat mich geweckt“, sagt er. Der Mann stieg aus dem Bett, trat zum Fenster des Schlafzimmers im ersten Stock seines Wohnhauses, das in Scheibe, einem Ortsteil von Neustift im Stubaital, steht. „Ich habe rausgeschaut. Am Hang, bei den Fangnetzen, schlugen Funken. Es wirkte wie ein Feuerwerk. Dann habe ich irgendetwas auf mich zukommen sehen.“ Rainer brachte sich in Sicherheit, drehte sich weg. Wenige Augenblicke später traf ein tonnenschwerer Felsen das Gebäude. Der fünf mal drei Meter große Brocken schlug in der Fassade ein. Die Wand eines Raumes im Parterre wurde komplett, jene des Zimmers, in dem sich Rainer aufhielt, zum Teil durchbrochen.
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Ein Nachttisch wurde umgestoßen, Mauerreste lagen auf dem Boden. „Ich war über und über mit Staub bedeckt, ansonsten aber unversehrt“, erzählt der Stubaier. Niemand wurde verletzt, auch Rainers Großmutter nicht, die im Erdgeschoß lebt. Untergebracht sind sie derzeit bei Verwandten, gleich nebenan. „Wie es weitergeht, weiß ich noch nicht. Der Statiker kommt erst. Dann wissen wir wenigstens, ob das Gebäude stehen bleiben kann oder abgerissen werden muss.“
Auch mehrere Häuser in der Umgebung wurden gestern in der Früh vorsorglich geräumt, 14 Menschen evakuiert, die Gemeindestraße nach Milders gesperrt. Wie lange diese Maßnahmen noch andauern, ist unklar. Derzeit wird ein etwa drei Meter hoher, provisorischer Erdwall zur Sicherung gebaut. „Dass sich ein weiterer Blocksturz in dem Ausmaß ereignet, halte ich für unwahrscheinlich“, sagt Landesgeologe Roman Außerlechner. Allerdings sei der Bereich „immer latent gefährdet“.
Laut Außerlechner war das Ereignis von Freitag außergewöhnlich. „Dass Steine von dieser Größe abgehen, ist die absolute Ausnahme. Der Grund dafür kann nicht genau genannt werden. Der Hang wird viel von der Sonne beschienen, Risse sind zwangsläufig entstanden und schließlich ist die letzte Materialbrücke gerissen. 150 Meter schräg oberhalb des Hauses ist der Brocken, aufgrund seiner Form eher eine Scheibe, abgebrochen. Der Felsen hat sich ungünstig gedreht, ist wie ein Rad talwärts gerollt und immer schneller geworden. Auf dem Weg nach unten hat er zwei Steinschlagnetze durchbrochen.“
Bis diese repariert sind, wird es noch dauern, meint Peter Schönherr, Bürgermeister von Neustift im Stubaital. „Erste Arbeiten sind schon angelaufen, es wird aber einige Zeit in Anspruch nehmen, bis alles wieder in Stand gesetzt ist. Gott sei Dank entstand nur Sachschaden und niemand wurde verletzt.“