Ausnahmezustand in Myanmar könnte verlängert werden

Die Junta in Myanmar plant offenbar, den von ihr verhängten einjährigen Ausnahmezustand in dem Krisenland zu verlängern. Der Sprecher der neuen Militärführung, Zaw Min Tun, sagte in einem Interview mit dem amerikanischen Sender CNN, die Maßnahme könnte „um sechs Monate oder länger“ ausgedehnt werden. Gleichzeitig versicherte er, dass „freie und faire Wahlen“ innerhalb von zwei Jahren durchgeführt würden, wie es von der Verfassung vorgegeben sei.

Die UNO-Sondergesandte für Myanmar, Christine Schraner Burgener, zeigte sich indes enttäuscht über die Weigerung der Militärjunta, sie zu empfangen. Sie sei bereit für einen Dialog, schrieb die Schweizerin auf Twitter. „Gewalt führt niemals zu friedlichen, nachhaltigen Lösungen.“ Die UNO-Gesandte wurde nach einem Besuch in Bangkok auch in China erwartet. Sie wollte während einer Reise durch die Region auch Myanmar besuchen. „Wir haben unser Einverständnis nicht gegeben“, sagte Militärjunta-Vertreter Zaw Min Tun am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Das Militär habe „zur Zeit auch nicht vor“, einen Besuch zuzulassen.

Der UN-Sicherheitsrat will am Freitag zu einem informellen Treffen zusammenkommen, um eine Vertreterin der Widerstandsgruppe CRPH (Komitee zur Vertretung des Pyidaungsu Hluttaw, des Parlaments von Myanmar) anzuhören. Anfang der Woche hatte die CRPH, die nach eigenen Angaben fast 300.000 Beweise für Menschenrechtsverletzungen durch die Junta gesammelt hat, Gespräche mit dem Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM) der UNO begonnen.

Nach Angaben der Militärregierung sind 19 Menschen zum Tode verurteilt worden. Sie sollen im Zusammenhang mit der Tötung eines Bekannten eines Hauptmanns hingerichtet werden, berichtete am Freitag der Sender Myawaddy TV, der im Besitz der Armee ist. Der Vorfall habe sich am 27. März einem Stadtteil von Yangon ereignet. Über weitere Einzelheiten wurde zunächst nichts bekannt. Es handelt sich um die ersten bekannt gewordenen Todesurteile, seitdem das Militär gegen die Zivilregierung geputscht hatte.

Das südostasiatische Land befindet sich seit dem 1. Februar in Aufruhr, als die Armee die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi festnahm und die Macht an sich riss. Trotz des zuletzt massiven Einsatzes von Gewalt gegen Demonstranten gehen weiterhin zahlreiche Menschen in Myanmar auf die Straße.

Für die Militärgewalt wies Zaw Min Tun die Schuld den Demonstranten zu, sie sei nur eine Reaktion auf deren Krawalle. „Es wird Tote geben, wenn die Ausschreitungen niedergeschlagen werden, aber wir schießen mit Disziplin.“ Seit dem Putsch von Anfang Februar gibt es immer wieder Berichte über brutale Militärgewalt. Die Armee schießt mit scharfer Munition auf Demonstranten, zudem ist von schwerer Folter bei Verhören die Rede. Hunderte Menschen sind bereits gestorben.

Am Freitag warf Zaw Min Tun der Bewegung des zivilen Ungehorsams (CDM) vor, „Genozid“ zu begehen, weil sich viele Ärzte mittlerweile weigerten, in staatlich kontrollierten Krankenhäusern zu arbeiten und die Verletzten zu versorgen. Die Bewegung, die den Widerstand gegen die Generäle organisiert und der sich zahlreiche Bürger angeschlossen haben, sei für den Tod dieser Menschen verantwortlich, erklärte er bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Naypyidaw.

Viele Ärzte arbeiten jedoch derzeit im Untergrund weiter. „Wir wissen alle, wer hier Völkermord begeht“, sagte der Arzt Phyo Min aus Yangon der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. „Wir können unter solchen Terroristen nicht arbeiten, aber viele von uns versorgen die Menschen weiter, während wir uns aber versteckt halten müssen.“ Die Behandlungen der Verwundeten würden kostenlos durchgeführt.

Großbritannien hat dem abberufenen Botschafter Myanmars in London, Kyaw Zwar Minn, unterdessen einen sicheren Aufenthalt garantiert. „Angesichts des schikanierenden Verhaltens gegenüber Herrn Minn versuchen wir zu garantieren, dass er sicher im Vereinigten Königreich leben kann, während er über seine langfristige Zukunft entscheidet“, teilte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag mit. Am Mittwoch war der Diplomat von Teilen des Botschaftspersonals aus dem Gebäude der Vertretung ausgesperrt worden, nachdem er die Militärführung in seinem Heimatland kritisiert hatte.

Großbritannien hatte die Abberufung des Botschafters am Donnerstag anerkannt. Die Militärjunta in Myanmar habe diese formell mitgeteilt, hieß es aus britischen Regierungskreisen. Minn bat London um Hilfe und äußerte Bedenken über seine Sicherheit bei einer Rückkehr in sein Heimatland. Auf die Frage, ob er dort getötet werden könnte, antwortete er: „Wer weiß.“ Minn hatte sich gegen den Putsch in Myanmar ausgesprochen und seine Unterstützung für die gestürzte Zivilregierung zum Ausdruck gebracht. Seit der Machtübernahme durch das Militär am 1. Februar geht die Armeeführung äußerst brutal gegen Demonstranten vor.

Laut einer lokalen Beobachtungsgruppe wurden mindestens 614 Zivilisten getötet, darunter fast 50 Kinder. Mehr als 2.850 sitzen derzeit in Haft. Suu Kyi soll sich im Hausarrest befinden, wurde aber seit dem Umsturz nicht mehr öffentlich gesehen. Großbritannien, die ehemalige Kolonialmacht Myanmars, gehört zu den schärfsten Kritikern der Militärjunta. Erst vergangene Woche hatte London weitere Sanktionen gegen die Generäle in dem südostasiatischen Land verhängt.

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