Drei mutmaßliche Jihadisten in Linz vor Gericht
Der Prozess gegen mutmaßliche Jihadisten und Mitglieder des islamischen Linzer Glaubensvereins Rahmet hat am Montag wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung in der oö. Landeshauptstadt im Landesgericht begonnen. Der Oberste Gerichtshof hatte im Vorjahr die Urteile des Grazer Landesgerichts teilweise aufgehoben, weshalb nochmals verhandelt wird. Das Verfahren wurde nach Linz delegiert, da die Angeklagten aber auch Zeugen großteils von dort stammen.
Hauptbeschuldigter ist der Imam, dem vorgeworfen wird, junge Männer radikalisiert und für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) angeworben zu haben. Er gilt als Gründer des Vereins und wirkte als Prediger. Mitangeklagt sind auch der Schriftführer sowie ein Mitglied des Glaubensvereins. Der Prozess, der in dieser Woche für vier Tage anberaumt ist und dem noch weitere Termine folgen werden, findet unter strengen Sicherheitsmaßnahmen statt.
In der Verhandlung sind nur drei Männer angeklagt. Das Verfahren gegen einen weiteren wurde ausgeschieden, weil es bei ihm einen Verteidigerwechsel gab und der neue nicht ausreichend Zeit hatte, sich in den Akt einzuarbeiten. Die Anklage wirft ihnen das Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung vor. Der Staatsanwalt betonte, es gehe nicht um die Ausübung der von der Verfassung garantierten Religionsfreiheit des Islam, sondern um kriminelle Handlungen im Sinne des radikalen Islamismus. Es handle sich um eine Art rechtsradikales Herrenmenschen-System unter Berufung auf den Glauben als absolute Wahrheit, das sich an totalitären Systemen wie Nationalsozialismus oder Stalinismus orientiere. Der Islamische Staat und die Terrororganisation Jabhat al-Nusra hätten das Ziel eines weltweiten Kalifates mit dem Rechtssystem der Scharia. Ungläubige, die dem nicht folgen, seien wertlos, dürften getötet, beraubt und versklavt werden.
Im Verein in Linz und einem weiteren in Graz sei eine Gegenerziehung junger Menschen zur in Österreich mit großen Aufwand betriebenen Integrationsarbeit betrieben worden. Sie seien dort radikalisiert worden. Die Demokratie und das Rechtssystem in Österreich würden als Zeichen des Unglaubens dargestellt. Es sei eine staatsfeindliche Verbindung gebildet worden, um eine ernsthafte Erschütterung des Staatswesens herbeizuführen - auch auf gesetzeswidrige Weise, beispielsweise durch Terroranschläge.
Dem widersprachen die Verteidiger. Bei dem Prozess handle sich um eine Gratwanderung zwischen einerseits freier Religionsausübung und Meinungsäußerung sowie Gedankenfreiheit und andererseits strafrechtlichen Tatbeständen. Sie kündigten an, alle Angeklagten würden sich für nicht schuldig erklären. Für die Vorwürfe gebe es keine Beweise. Niemand sei animiert worden, für den IS oder die Terrororganisation Jabhat al-Nusra in den Krieg zu ziehen. Das Gegenteil sei getan worden. Es habe keine staatsfeindliche Verbindung gegeben, denn auch der Obmann, der Kassier des Vereines sowie der Vermieter der Räumlichkeiten seien in diesem Zusammenhang schon freigesprochen worden.
Der Erstangeklagte wies in seiner Befragung alle Vorwürfe zurück. Als er erstmals Kenntnis von der Anklage erhielt, habe er darüber lachen müssen, weil sie für ihn so unglaublich sei. Er habe niemals auch nur in einziges Wort mit staatsfeindlichem Inhalt gesagt. Er lebe seit 23 Jahren in Österreich und sei hier - bis zur Untersuchungshaft - immer zufrieden gewesen. Er habe alle staatsbürgerlichen Pflichten erfüllt und niemals Probleme gehabt, auch nicht in elf Jahren als Islam-Lehrer in Volks- und Hauptschulen. Er habe niemanden animiert, für den IS oder Jabhat al-Nusra in den Krieg zu ziehen, denn deren Handlungen lehne er entschieden ab, ebenso den Anschlag im vergangenen November in Wien. Keine Personen seines Vereines seien Kämpfer gewesen, diese hätten alle aus Graz und Wien gestammt. Aber wegen seiner Verbindungen nach Graz sei er in Verdacht geraten. Die Kontakte zu den einschlägigen Personen habe es erst nach deren Rückkehr gegeben. Weitere Kontakte - beispielsweise zu einer bedenklichen Gruppierung in Bulgarien - stellte er in Abrede. Die Bedeutung der IS-Flagge auf der Homepage des Vereins habe er nicht gekannt, er habe sie als Schmuck verstanden. Damals sei sie auch noch nicht verboten gewesen. Bei der Befragung kam es zum Teil zu heftigen Wortgefechten zwischen dem Staatsanwalt und dem Angeklagten, die der Vorsitzende des Geschwornengerichtes abstellte, weil dabei eine ordnungsgemäße Protokollierung nicht möglich sei.
Die Verhandlung wird am Mittwoch mit der Befragung der beiden anderen Angeklagten fortgesetzt.