Merkel, Macron und Selenskyj fordern russischen Truppenabzug

Deutschland, Frankreich und die Ukraine haben Russland zum Abzug seiner Truppen an der Grenze zur Ukraine aufgerufen. Ziel sei es eine Deeskalation, so die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag nach einer Videokonferenz laut dem deutschen Kanzleramt in Berlin.

Macron hatte Selenskyj zuvor in Paris empfangen. Dabei erklärte sich der ukrainische Präsident zu Friedensgesprächen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin bereit. Er halte Vier-Parteien-Gespräche dazu für realistisch, sagte er in Paris. Auch ein getrenntes Gespräch zwischen Putin und US-Präsident Joe Biden könne helfen.

Die Spannungen im Konflikt zwischen der Regierung in Kiew und von Russland unterstützten Separatisten im Osten der Ukraine haben zuletzt zugenommen. Russland hat nach ukrainischen Angaben an der Grenze mehr als 40.000 Soldaten zusammengezogen. Ein Teil der früheren Verhandlungen wurden im sogenannten Normandie-Format mit Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich abgehalten. Ein entsprechendes Vierer-Treffen fand jedoch zuletzt Dezember 2019 statt.

Russland will inmitten der neuen Spannungen im Schwarzen Meer ein Manöver abhalten und dafür bestimmte Seegebiete absperren. Von der bis zum 31. Oktober geplanten Sperrung sei die Schifffahrt durch die Meerenge von Kertsch an der Halbinsel Krim aber nicht betroffen. Das meldete die russische Staatsagentur Ria Nowosti am Freitag unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Moskau.

Aus der EU und der Ukraine sowie von der NATO kam dennoch Kritik. Ein ranghoher EU-Beamter sprach am Freitag von einer „äußerst besorgniserregenden Entwicklung“. Seinen Worten zufolge ist davon auszugehen, dass die im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen verankerten Durchfahrtsrechte eingeschränkt und die internationale Schifffahrt behindert würde.

NATO-Sprecherin Oana Lungescu sagte: „Wir rufen Russland auf, den freien Zugang zu ukrainischen Häfen im Asowschen Meer zu gewährleisten und die Freiheit der Schifffahrt zu gewährleisten.“ Man rufe Moskau auf, umgehend zu deeskalieren und seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten.

Das Außenministerium in Kiew warf Russland vor, zu einer „verstärkten Eskalation im Meer“ überzugehen. Nach Darstellung der ukrainischen Marine haben Boote des russischen Küstenschutzes im Asowschen Meer - es grenzt an das Schwarze Meer an - Schiffe der ukrainischen Flotte behindert. Ukrainische Medien berichteten, dass die Ukrainer einen Waffeneinsatz angedroht hätten.

Der Konflikt erinnert an einen Zwischenfall vom November 2018, als zwei ukrainische Militärschiffe beim Versuch der Durchfahrt durch die Meerenge von Kertsch von der russischen Küstenwache aufgebracht worden waren. Die 24 festgenommenen ukrainischen Matrosen kehrten erst nach dem Amtsantritt von Präsident Wolodymyr Selenskyj im Zuge eines Gefangenenaustauschs im September 2020 in ihre Heimat zurück. Die Meerenge von Kertsch gilt als internationales Gewässer.

Russischen Angaben zufolge soll wegen der Übung der Marine vom 24. April an ein Teil des Schwarzen Meeres entlang der von Russland 2014 einverleibten ukrainischen Halbinsel Krim gesperrt sein. Ausländische Kriegsschiffe und andere staatliche Schiffe dürften dieses Gebiet etwa von der Krim-Stadt Sewastropol bis nach Gursuf dann nicht mehr passieren, Frachtschiffe dagegen schon. Die betroffenen Stellen lägen in russischen Hoheitsgewässern, hieß es. Der Anspruch Russlands auf die Gebiete ist aber nicht anerkannt.

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