ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz kandidiert erneut

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will wieder kandidieren. Das kündigte er bei einer Online-Pressekonferenz am Donnerstag an. Es wäre seine vierte Amtszeit als Chef des öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens. Die Wahl findet am 10. August statt. Dabei entscheiden die 35 ORF-Stiftungsräte, wobei die ÖVP mit von ihr entsendeten und türkis-nahen Räten seit dem Frühjahr 2020 über eine Mehrheit verfügt.

„Ich habe die Mitglieder des Stiftungsrates soeben informiert, dass ich mich für eine Fortsetzung meiner Tätigkeit als Generaldirektor des ORF bewerben werde. Ich habe gezeigt, dass ich das Unternehmen in schwierigen Zeiten führen kann. Ich habe wichtige Zukunftsprojekte begonnen und habe große Lust und Freude, diese in die Tat umzusetzen“, sagte Wrabetz.

Er betonte, dass man ein schwieriges Pandemie-Jahr souverän gemeistert habe - wirtschaftlich sowie das Programm betreffend. Auch das heurige erste Quartal habe man gut abgeschlossen. Dass die „Fernsehflotte“ auflaufend bis April 36 Prozent Marktanteil aufweist, sei „sehr, sehr gut“. Mit den kommenden großen Sportereignissen und Eigenproduktionen sei davon auszugehen, dass es auch weiterhin so bleibt. Aber auch die „Radioflotte“ und den Onlinebereich sah Wrabetz auf Kurs.

Zu Bedenken gab der amtierende ORF-Generaldirektor, dass sich Plattformmedien wie Netflix oder Youtube in Pandemiezeiten „massiv weiterverbreitet“ hätten und die Art und Weise der Medienkonsumation veränderten. „Das stellt uns vor große Herausforderungen“, so Wrabetz. Um diesen zu begegnen, müsse sich der ORF zu einer „multimedialen Public-Service-Plattform“ entwickeln, die das öffentlich-rechtliche Unternehmen auf Augenhöhe mit internationalen Plattformen bringe. Das ist auch ein wesentlicher Punkt in der bereits im Dezember des Vorjahres präsentierten Strategie 2025, die einstimmig von den Stiftungsräten angenommen wurde.

Leitprojekt in der Strategie ist der ORF-Player. „Dieses Projekt hätte ich nicht nur gerne entworfen, sondern will ich auch mit Leben erfüllen“, meinte der 61-Jährige. Dabei stößt der ORF-Generaldirektor auf Schwierigkeiten. Denn für wesentliche Teile des Players ist eine ORF-Gesetzesnovelle nötig, um etwa Inhalte „online first“ und „online only“ liefern zu dürfen. „Ich rechne nicht damit, dass es noch vor der ORF-Wahl zu einer Regierungsvorlage kommt. In Zeiten der Pandemie ist es nicht das allereinfachste Thema, dem man sich seitens der Politik zuwendet“, sagte Wrabetz. Dennoch seien derzeit Arbeiten an Projekten im Gange, die auch ohne eine gesetzliche Anpassung möglich sind. „Wir wollen einige Dinge noch heuer starten“, kündigte der ORF-Chef an.

Wichtig sei zudem zu einem neuen Verhältnis mit den privaten Medienanbietern im Print- und Fernsehbereich zu finden. So ist die Entwicklung einer gemeinsamen Vermarktungsplattform im digitalen Bereich mit gemeinsamer Log-in-Strategie im Gange. Man komme in Kooperation mit der APA - Austria Presse Agentur gut voran. Ein Start im Herbst sei laut Wrabetz denkbar.

In den nächsten Jahren gehen mehrere Hundert ORF-Mitarbeiter in Pension. „Ein Großteil dieser Positionen wird nachbesetzt“, sagte Wrabetz. Nachdem man in den vergangenen Jahren Personal eingespart habe und alle mittlerweile mehr leisten müssten, wolle man mit drei Traineeprogrammen ungefähr 300 Mitarbeiter - die „nächste Generation von Programmgestaltern und Journalisten“ - an das Unternehmen heranführen und binden.

Viele davon werden dann bereits im derzeit in Bau befindlichen multimedialen Newsroom am Küniglberg arbeiten. Dieser soll ab dem 2. Quartal 2022 schrittweise besiedelt werden. Ab 2023 sollen TV, Radio und Online Inhalte aus den Räumlichkeiten produzieren. Auch dieses Projekt will Wrabetz nicht „im letzen Viertel“ stehen lassen: „Ich möchte es fertigstellen und mit Leben erfüllen.“ Terminlich und qualitativ sei man im Rahmen des Geplanten „oder sogar besser“.

Thomas Zach, Leiter des bürgerlichen „Freundeskreises“ im ORF-Stiftungsrat wies im März darauf hin, dass der Newsroom als „größte Veränderung des ORF in Jahrzehnten“ noch nicht ausreichend vorbereitet sei. Ein zentraler Chefredakteur fände zudem keine Zustimmung. Wrabetz sah den ORF damals „in allen Bereichen auf Kurs“. Bezüglich eines zentralen Chefredakteurs für den multimedialen Newsroom wollte er sich damals nicht explizit festlegen.

Mit den meisten Stiftungsräten sei der amtierende ORF-Generaldirektor in „guten Gesprächen“. Seine Chancen, sich trotz der bürgerlichen Mehrheit im Stiftungsrat, durchzusetzen, sah er als „durchaus gegeben“ an. Nicht zuletzt weil er davon ausgeht, dass dieser auch nach dem Kriterium der Erfahrung den Posten vergeben werde.

Eine Wiederwahl von Wrabetz würde einen Rekord darstellen. Noch nie amtierte jemand länger als ORF-Generaldirektor. Er ist seit Anfang 2007 in dieser Funktion tätig. Damals hatte er sich gegen Monika Lindner und gegen die regierende ÖVP-Mehrheit im Stiftungsrat mit Unterstützung von SPÖ, Grünen, FPÖ und BZÖ durchgesetzt. Der Posten muss Anfang Juli ausgeschrieben werden. Die Bewerbungsfrist endet vier Wochen später. Noch hat sich kein Gegenkandidat offiziell in Stellung gebracht. Sehr wohl kursieren jedoch Namen von ORF-Führungskräften, die eine bürgerliche Stiftungsratsmehrheit gutheißen könnte.

Mehrere Medien berichteten etwa, dass Roland Weißmann (53), der seit 2017 Vize-Finanzdirektor und seit 2020 ORF.at-Geschäftsführer ist, von der Kanzlerpartei favorisiert werde. Auch ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer und ihr ORF 2-Pendant Alexander Hofer wurden als potenzielle Kandidaten für höhere ORF-Weihen ins Spiel gebracht. Eine kolportierte Variante dürfte zudem sein, dass Wrabetz zunächst bestellt wird und Weißmann als Finanzdirektor und starker zweiter Mann neben Wrabetz in Position gebracht werden könnte. Nach zwei Jahren und einer entsprechenden ORF-Reform inklusive Änderung der Managementstruktur könnte Weißmann dann die ORF-Spitze übernehmen.

Wrabetz wollte sich am Donnerstag nicht auf Spekulationen einlassen. Er betonte jedoch, dass man „ganz wichtige Entscheidungen im Team“ treffe. „Eine meiner Stärken ist, auch zuhören zu können und verschiedene Positionen unter einen Hut zu bringen“, sagte der ORF-Chef. Ob er sich eine verkürzte Amtsperiode vorstellen könne? „Bestellt wird man für eine Geschäftsführungsperiode und da würde ich jetzt keine Spekulationen beginnen. Ich bewerbe mich für die gesamte Periode. Das ist auch im Gesetz so vorgesehen“, so Wrabetz.

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