Diskussion um Unabhängigkeitsreferendum nach Schottland-Wahl
Angetrieben von ihrem absehbaren Erfolg bei der Parlamentswahl in Schottland hat die Regierungspartei SNP ihre Forderungen nach einem neuen Unabhängigkeitsreferendum untermauert. Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte an, eine Volksabstimmung voranzutreiben, falls es im Parlament dafür eine Mehrheit gibt und „wenn die Zeit reif ist“. Der britische Premierminister Boris Johnson lehnte ein Referendum im „Daily Telegraph“ hingegen als „unverantwortlich und rücksichtlos“ ab.
In dem britischen Landesteil sollte das Ergebnis der Abstimmung vom Donnerstag am Samstagnachmittag feststehen. Sturgeons Schottische Nationalpartei (SNP) hofft auf die absolute Mehrheit. In diesem Fall geriete Johnson stärker unter Druck, eine Volksabstimmung zuzulassen. Absehbar ist, dass die SNP klar die meisten Sitze holen wird. Sehr wahrscheinlich ist zudem, dass sie gemeinsam mit den Grünen auf eine Mehrheit von Unabhängigkeitsbefürwortern im Regionalparlament kommt.
Sturgeon bekräftigte im Sender Channel 4, sie werde ein Gesetz für ein neues Referendum einbringen. „Wenn Boris Johnson das stoppen will, muss er vor Gericht gehen. In fast jeder anderen Demokratie wäre dies eine absurde Debatte. Falls die Menschen in Schottland für eine Pro-Unabhängigkeitsmehrheit im schottischen Parlament gestimmt haben, hat kein Politiker das Recht, dem im Wege zu stehen.“
Ersten Ergebnissen zufolge konnte Sturgeons Schottische Nationalpartei (SNP) mindestens 39 ihrer insgesamt 48 bisherigen Sitze verteidigen. Der SNP gelang es, den Konservativen die beiden wichtigen Wahlkreise Edinburgh Central und Ayr abzunehmen. Auch den Wahlkreis East Lothian, der bisher in der Hand der linken Labour-Partei war, konnte sie für sich entscheiden.
Regierungschefin Sturgeon wurde in ihrem Wahlkreis Glasgow Southside mit 60,2 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Allerdings verlor die SNP auch zwei wichtige Wahlkreise. Um die angestrebte absolute Mehrheit zu erreichen, sind 65 Parlamentssitze nötig. Die Ergebnisse aus Schottland werden am Samstagabend erwartet.
In den restlichen Regionen Großbritanniens schnitten Johnsons Konservative den ersten Ergebnissen vom Freitag zufolge gut ab. Es gelang ihnen sogar, den traditionell von der Labour-Partei dominierten Wahlkreis Hartlepool im Nordosten Englands für sich zu entscheiden.
In Wales zeichnete sich etwas überraschend eine absolute Mehrheit der Labour-Partei ab. Der Sieg der Sozialdemokraten war erwartet worden, allerdings nicht in dieser Deutlichkeit. Anderswo musste die Labour-Partei heftige Verluste hinnehmen: Bei Kommunalwahlen in England verlor die Partei Dutzende Mandate und wichtige Posten. Hingegen dürfte Labour das Bürgermeisteramt in London verteidigen. Ein Ergebnis in der Hauptstadt wurde aber erst für diesen Sonntag erwartet.