Kritik an Israel nach schweren Zusammenstößen in Jerusalem
Nach gewaltsamen Zusammenstößen in Jerusalem zwischen Palästinensern und der Polizei wächst die Kritik muslimischer Länder an Israel. Die Regierung in Jordanien sprach am Sonntag von „barbarischen“ Angriffen auf Gläubige in der Al-Aksa-Moschee. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete Israel als „Terror-Staat“. Er rief am Samstag in Istanbul alle muslimischen Staaten und die internationale Gemeinschaft dazu auf, wirksame Schritte gegen Israel einzuleiten.
Bei den Auseinandersetzungen am Samstagabend und in der Nacht auf Sonntag wurden der Hilfsorganisation Roter Halbmond zufolge mindestens 80 Menschen verletzt, darunter auch Kinder. Auslöser der Gewalt waren Proteste gegen geplante Zwangsräumungen von Wohnungen palästinensischer Familien auf einem Gebiet in Ost-Jerusalem, das von jüdischen Siedlern beansprucht wird.
„Wir weisen den Druck, in Jerusalem nicht zu bauen, entschieden zurück“, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bei einer Fernsehansprache vor den Gedenkfeiern zur Einnahme von Ost-Jerusalem im Krieg von 1967. „Ich sage auch den besten unserer Freunde: Jerusalem ist Israels Hauptstadt. Und so wie jede Nation in ihrer Hauptstadt baut und ihre Hauptstadt aufbaut, haben auch wir das Recht, in Jerusalem zu bauen und Jerusalem aufzubauen.“
Papst Franziskus forderte ein Ende der Gewalt. Er verfolge die Ereignisse dort mit Sorge und lade die Parteien ein, Lösungen zu suchen, um die multikulturelle Identität der Heiligen Stadt zu respektieren. „Gewalt erzeugt Gewalt, stoppt die Zusammenstöße“, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche am Sonntag zu Pilgern auf dem Petersplatz in Rom.
Aufseiten der Polizei gab es laut israelischen Angaben einen Verletzten. Palästinensische Jugendliche bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen, zündeten Feuer an und zerstörten Polizeiabsperrungen. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Blendgranaten sowie berittene Einsatzkräfte ein. Auch im palästinensischen Gazastreifen kam es zu Protesten. Militante Palästinenser sollen mindestens eine Rakete aus dem Küstengebiet auf Israel abgefeuert haben, die auf offenem Gelände eingeschlagen sei, wie das Militär mitteilte. Bei Straßenschlachten zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei waren bereits am Vorabend in Jerusalem mindestens 205 Palästinenser und 18 Polizisten verletzt worden.
Die am letzten Freitag im diesjährigen Fastenmonat Ramadan ausgebrochenen Proteste hatten sich an der absehbaren Räumung von Häusern palästinensischer Familien im Ost-Jerusalemer Stadtteil Scheich Dscharrah entzündet. Das Land, auf dem sie leben, wird von jüdischen Siedlern beansprucht. Vor dem obersten israelischen Gericht dauert der Rechtsstreit zwischen den Siedlern und den palästinensischen Familien an.