Tiroler Landesräte und Landtagsvizepräsidentin gewählt

Nach der vorwöchentlichen Regierungsrochade hat der Tiroler Landtag am Dienstag zwei neue ÖVP-Landesräte und eine neue Landtagsvizepräsidentin in geheimer Wahl gewählt. Damit nahmen Wirtschaftslandesrat Anton Mattle und Gesundheitslandesrätin Annette Leja auf der Regierungsbank Platz. ÖVP-LAbg. Sophia Kircher wurde zudem Landtagsvizepräsidentin. Die Opposition kritisierte indes in der Fragestunde die Regierungsarbeit weit über Corona hinaus.

Kircher wurde mit 21 Stimmen ins Amt gewählt - die schwarz-grüne Landesregierung vereint genau 21 Stimmen auf sich. Die einzige Gegenkandidatin und ehemalige SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik erhielt von den insgesamt 36 Stimmen nur 14. Eine Stimme war laut Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann ungültig. Kircher wurde nach der Wahl von Ledl-Rossmann angelobt. Damit besteht das dreiköpfige Landtagspräsidium ausschließlich aus Frauen, Stephanie Jicha (Grüne) ist die Dritte im Bunde.

Mit Stimmen, die über die Koalition hinausgehen, ging dagegen die Wahl der Landesräte über die Bühne. 24 Abgeordnete stimmten für Mattle und Leja, zwölf dagegen. Die Neos hatten zuvor angekündigt, mit ihren zwei Mandaten auch für die beiden Landesräte zu stimmen. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) führte direkt nach der Wahl die Angelobung durch.

Platter stattete seine neuen Regierungskollegen zu Beginn der Sitzung mit Vorschusslorbeeren aus. Mattle und Leja seien „zwei exzellente Persönlichkeiten“, sagte der Landeschef. Leja sei eine „ausgezeichnete Gesundheitsmanagerin“, die 25 Jahre lang im privaten Sanatorium Kettenbrücke in Innsbruck - zuletzt auch als Geschäftsführerin - tätig war. Mattle sei ein „Mann mit klarer Wertehaltung“, ein „tüchtiger Unternehmer“ und ein „allseits geschätzter Politiker“.

Die Opposition nützte die Fragestunde, die vor den Wahlen stattfand, für einen Rundumschlag gegen die Arbeit der Landesregierung und für Kritik an den Postenbesetzungen. FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger meinte, dass das Corona-Krisenmanagement die „Marke Tirol“ geschädigt habe. Die Verantwortung sah Abwerzger eindeutig bei Platter: „Sie sind der Oberkommunikator im Land und haben diese Krise zu verantworten“. Zudem zeigte er sich nicht einverstanden mit Kircher als Landtagsvize, die als 27-Jährige „eines der höchsten Ämter des Landes“ übernimmt.

Ebenso sah das Georg Dornauer, SPÖ-Vorsitzender Tirols. Deshalb nominiere er mit Blanik einen „Politprofi“. Ebenso ungeeignet empfand Dornauer Leja als Gesundheitslandesrätin, die mit ihrem Hintergrund in einer Privatklinik „die Inkarnation einer Zwei- wenn nicht Dreiklassenmedizin“ sei. Platter argumentierte dagegen - Leja wisse „ganz genau, was ihre Aufgaben sind und was sich im Gesundheitsbereich abspielt“. Die Kritik am Alter von Kircher konnte er nicht nachvollziehen: „Es wird immer kritisiert, dass junge Leute nicht forciert werden. Dann tut man es einmal und dann wird es auch kritisiert“.

Neos-Klubobmann Dominik Oberhofer bekundete, dass seine Partei für die neuen Landesräte stimmen wolle, „um einen Neustart zu ermöglichen“. Die Krise habe Millionen gekostet und „alles wird finanziert über neue Schulden“. „Wer soll denn das alles bezahlen?“, fragte er und gab sich gleich selbst die Antwort: „Die Jungen. Das sind die Verlierer in dieser Krise“.

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Der grüne Regierungspartner pochte indes darauf, dass die „wirtschaftliche Erholung nachhaltig und gerecht“ ablaufen müsse, sagte Klubobmann Gebi Mair. LHStv. Ingrid Felipe meinte, dass hier zwar vieles beim Bund liege, aber auch „etliches in den Händen des Landes“, es brauche eine sozial verträgliche Umsteuerung.

Ganz und gar nicht zufrieden mit der Regierungsarbeit zeigte sich erwartungsgemäß auch die Liste Fritz. Die Tiroler würden sich weniger fragen, weshalb die beiden scheidenden Landesräte ihren Rückzug angetreten hatten, sondern vielmehr warum die amtierenden noch im Amt seien, sagte LAbg. Markus Sint. Der Oppositionspolitiker kritisierte nicht erfüllte Punkte des Regierungsprogramms, wie etwa die Reduktion des Transitverkehrs oder die Schaffung von leistbarem Wohnen. Für ihn stand fest, dass es in Tirol „Käfighaltung für Einheimische und Freilandhaltung für Touristen“ gebe. Wohnbaulandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) rechnete vor, dass bisher 6.000 geförderte Wohnungen entstanden seien. „Wir werden deutlich die Zehntausender-Marke übersteigen“, versprach Palfrader.

Die Neubesetzungen in der Landesregierung waren nötig geworden, nachdem die ehemalige Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) vergangenen Dienstagabend überraschend zurückgetreten war. Zwei Stunden später verkündete auch der aufgrund des Corona-Managements viel kritisierte Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) seinen Rücktritt. Noch in derselben Nacht präsentierte Platter die Nachfolger.

Zoller-Frischauf wechselte am Dienstag übrigens von der Regierungsbank in den Landtag. Tilg wird Professor an der Privatuniversität UMIT in Hall in Tirol.

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