OECD warnt vor Einfluss auf Alkoholkonsum durch Pandemie

Die Corona-Pandemie hat sich einer Untersuchung zufolge auch auf die Trinkgewohnheiten vieler Menschen ausgewirkt. Erfahrungen aus früheren Krisen ließen vermuten, dass es mittelfristig eine Zunahme des problematischen Alkoholkonsums geben könnte, hieß in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris. Österreich liegt beim Alkoholkonsum über dem Schnitt der OECD-Länder.

„Erste Hinweise deuten darauf hin, dass die ‚neue Normalität‘, die durch die Pandemie verursacht wurde, erhebliche Auswirkungen auf unsere Lebensgewohnheiten hatte, einschließlich der Trinkgewohnheiten“, schreiben die Fachleute in dem Bericht. Zweifellos habe Covid-19 Menschen und Gemeinschaften auf der ganzen Welt erschüttert und die Voraussetzungen für langfristige physische und psychische Probleme geschaffen.

Die Pandemie hat dabei auch die Orte verändert, an denen getrunken wird: Während Bars und Restaurants stark von den Schließungen betroffen waren, haben Einzelhandel und Onlineshops ihre Umsätze deutlich gesteigert. Erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sich die Wahrscheinlichkeit von Saufgelagen durch die Pandemie nicht stark verändert hat.

Die Experten sind der Ansicht, dass es eine Kombination politischer Maßnahmen im Kampf gegen schädlichen Alkoholkonsum braucht. Dazu zählten etwa Kommunikationskampagnen und Preispolitik, aber auch Ansätze, die sich direkt an Personen richten, die große Mengen Alkohol konsumieren. In den Ländern der OECD, EU und G20 könnten in den kommenden 30 Jahren jährlich etwa 1,1 Millionen Menschen an den Folgen schädlichen Alkoholkonsums sterben, heißt es in dem Bericht. Gegenstrategien würden nicht nur Menschenleben retten, sondern sich auch wirtschaftlich rechnen.

Dem OECD-Bericht zufolge werden in Österreich exakt zwölf Liter reiner Alkohol pro Kopf und Jahr in der Bevölkerung ab 15 Jahren konsumiert. Das entspricht rund zweieinhalb Flaschen Wein oder 4,6 Litern Bier pro Woche und Person. Der OECD-Schnitt liegt bei zehn Litern reinem Alkohol pro Jahr, an der Spitze rangieren die Tschechen mit 14,4 Litern.

Ein Drittel der erwachsenen Österreicher betrinkt sich mindestens einmal im Monat mit mehr als 80 Prozent einer Flasche Wein oder mehr als drei großen Bier. 28 Prozent der Mädchen und 36 Prozent der Burschen bis 15 Jahre waren zumindest zwei Mal in ihrem Leben betrunken, hebt die OECD weiters zu Österreich hervor. Männer konsumieren zudem insgesamt 18,5 Liter reinen Alkohol pro Kopf und Jahr, während es bei Frauen mit 5,8 Litern deutlich weniger sind.

Die OECD empfiehlt hierzulande verstärkte Anstrengungen zur Alkoholreduktion- und -prävention in Schulen und am Arbeitsplatz. Strengere Maßnahmen bei der Verfügbarkeit von Alkohol für gefährdete Gruppen und eine verschärfte Preispolitik, um Alkoholiker und jüngere Menschen von billigem Alkohol fernzuhalten, werden ebenfalls gefordert.

Auch die neun Koordinatoren für Sucht- und Drogenfragen in Österreich rechnen wegen der Coronakrise in Sachen Alkohol mit einem „Konsumanstieg in der Bevölkerung“. Sie fordern in einer Resolution eine integrierte Versorgung von Personen mit Alkoholerkrankungen und deren kostenträgerübergreifende Finanzierung. 14 Prozent der erwachsenen Österreicher (rund eine Million Menschen) haben einen problematischen Alkoholkonsum, wird in dem der APA vorliegenden Papier anlässlich der aktuellen „Österreichischen Dialogwoche Alkohol“ betont. Fünf Prozent der Bevölkerung gelten als alkoholabhängig und damit als schwer suchtkrank.

„Ziel ist, dass alkoholkranke Personen in die bestehenden Systeme integriert werden und kein Parallelsystem aufgebaut wird“, heißt es u.a. in der Resolution. Bereits erprobte Modelle der integrierten Versorgung sollen als Vorbild dienen und an den erwarteten Mehrbedarf angepasst werden. Der niedergelassene ärztliche Bereich solle als erste Anlaufstelle für Betroffene dienen. Weiters wird eine multiprofessionelle Betreuung inklusive Behandlung und Rehabilitation im Bereich der ambulanten und stationären spezialisierten Suchtkrankenhilfe gefordert. Die Bewilligung der Kostenübernahme sollte für alle Kostenträger gemeinsam von einer Stelle durchgeführt werden, empfehlen die Verantwortlichen der neun Bundesländer.

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