Waffenruhe im Gazastreifen hält zunächst

Militante Palästinenser im Gazastreifen und Israel haben ihre harten gegenseitigen Angriffe Freitag früh vorerst beendet. Eine von Ägypten vermittelte Waffenruhe trat um 02.00 Uhr (01.00 Uhr MESZ) in Kraft und wurde zunächst von beiden Seiten eingehalten. Der Schlagabtausch kostete bisher mehr als 230 Menschen im Gazastreifen und zwölf Menschen in Israel das Leben. Im Gazastreifen strömten in der Nacht auf Freitag Tausende Menschen auf die Straßen und feierten.

Sie machten inmitten von Ruinen ihrer Erleichterung über das Ende des Schreckens mit Feuerwerk, Schüssen in die Luft und „Allahu akbar“-Rufen Luft. In den vergangenen Tagen war der internationale Druck vor allem durch die USA für ein Ende des Blutvergießens immer größer geworden. Am Mittwoch hatte US-Präsident Joe Biden Netanyahu bei einem Telefonat gesagt, dass er noch im Laufe des Tages eine „deutliche Deeskalation (...) auf dem Weg zu einer Waffenruhe“ erwarte. Nach der Vereinbarung der Waffenruhe sagte Biden, nun biete sich eine „wirkliche Chance“, im Nahen Osten Fortschritte hin zu einem dauerhaften Frieden zu machen.

Ein Sprecher Netanyahus betonte jedoch, die Waffenruhe sei ohne jegliche Vorbedingungen erfolgt. Die politische Führung habe betont, dass die Realität vor Ort das weitere Vorgehen bei den Kämpfen bestimmen werde. Sollten etwa die Palästinenser ihre Raketenangriffe fortsetzen, sei die Waffenruhe umgehend wieder aufgehoben.

„Die Waffenruhe ist wechselseitig und tritt beidseitig am Freitag 02.00 Uhr (01.00 Uhr MESZ) in Kraft“, teilte Taher al-Nuno, ein Berater des Hamas-Chefs Ismail Haniyeh, mit. Der „bewaffnete Widerstand“ der Palästinenser werde sich so lange an sie halten, so lange dies die israelische Seite tue, fügte er hinzu.

Ein Vertreter der radikal-islamischen Hamas erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Israel die Gewalt in Jerusalem nun beenden und die Schäden durch die Bombardierung beseitigen müsse. „Es ist wahr, dass die Schlacht heute endet, aber (der israelische Ministerpräsident Benjamin) Netanyahu und die ganze Welt sollen wissen, dass unsere Finger am Abzug sind“, sagte der Hamas-Vertreter in Doha. Zu ihren Forderungen gehöre außerdem der Schutz der Al-Aqsa-Moschee und die Beendigung der Vertreibung mehrerer Palästinenser aus ihren Häusern in Ost-Jerusalem.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und das österreichische Außenministerium begrüßten die Ankündigung des Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas. „Die Menschen in dieser ohnehin schon volatilen Region haben sich ein Leben in Frieden und Sicherheit verdient. Nun geht es darum, die Voraussetzungen für nachhaltige Sicherheit und Stabilität zu schaffen“, teilte Kanzler Kurz mit. „Israelis und Palästinenser haben das Recht, in Frieden und Sicherheit zu leben“, twitterte das Außenministerium.

Die USA stünden zusammen mit den Vereinten Nationen und anderen Partnern bereit, der Palästinensischen Autonomiebehörde mit humanitärer Hilfe und Unterstützung beim Wiederaufbau zu helfen, sagte Biden am Donnerstag. Er zollte Netanyahu Respekt dafür, die Kampfhandlungen nun einzustellen.

Zudem dankte er Ägypten für seinen Einsatz bei der Vermittlung der Waffenruhe. „Ich bin der Meinung, dass Palästinenser und Israelis es gleichermaßen verdienen, sicher und geschützt zu leben und sich gleichermaßen an Freiheit, Wohlstand und Demokratie zu erfreuen.“ Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi dankte dem US-Präsidenten für seine Rolle bei der Durchsetzung der ägyptischen Initiative für eine Feuerpause auf Twitter.

US-Außenminister Antony Blinken plant in den kommenden Tagen eine Reise in den Nahen Osten. Dies teilte er dem israelischen Außenminister Gabi Ashkenazi in einem Telefonat mit. Wie das US-Außenministerium bestätigte, will sich Blinken dort unter anderem mit seinem israelischen sowie dem palästinensischen Amtskollegen treffen.

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammad Shtayyeh äußerte sich in palästinensischen Medien und sagte er begrüße „den Erfolg der internationalen Bemühungen, die von Ägypten angeführt werden, um die israelische Aggression gegen unser Volk im Gazastreifen zu beenden“. Im Nahost-Konflikt hatte am frühen Freitagmorgen der zwischen Israel und militanten Palästinensern vereinbarte Waffenstillstand wie geplant begonnen. Die Feuerpause war unter anderem auf Grundlage ägyptischer Vermittlung bestätigt worden. Kairo kündigte außerdem an, zwei Delegationen zur Überwachung der Waffenruhe zu entsenden.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen begrüßten die Waffenruhe und forderten nun Bemühungen um eine langfristige politische Lösung. Guterres sagte, Israel und die Palästinenser hätten nun die „Verantwortung über die Wiederherstellung der Ruhe hinaus, um die Ursachen des Konflikts anzugehen“. Von der Leyen forderte beide Seiten auf, die Waffenruhe zu festigen und die Situation auf lange Sicht zu stabilisieren. „Nur eine politische Lösung wird dauerhaften Frieden und Sicherheit für alle bringen“, twitterte sie.

Der Konflikt war am 10. Mai mit Raketenangriffen der im Gazastreifen herrschenden Hamas auf Jerusalem eskaliert. Israel reagierte darauf mit massiven Angriffen in dem Küstengebiet. Seit Beginn des Konflikts sind dem israelischen Militär zufolge mehr als 4.000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert worden, wobei zwölf Menschen ums Leben kamen. Israel reagierte auf den Beschuss mit mehr als tausend Luftangriffen, bei denen nach palästinensischen Angaben mindestens 230 Menschen getötet wurden. Außerdem gab es mehr als 1.600 Verletzte.

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