NATO will Beistandspflicht auf Weltraum ausdehnen
Bei dem NATO-Gipfel am kommenden Montag soll nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg eine neue Strategie für die Abwehr von Cyberangriffen beschlossen werden. Ziel sei es, dafür zu sorgen, dass man über starke technische Fähigkeiten sowie geeignete militärische Planungen und politische Konsultationen verfüge, sagte der Norweger am Freitag in Brüssel. Es solle anerkannt werden, dass der Cyberraum umkämpft sei.
Als ein Beispiel für gefährliche Cyberaktivitäten gelten die massiven Hackerangriffe auf den Deutschen Bundestag und das Datennetzwerk des Bundes. Für sie werden russische Geheimdienstler verantwortlich gemacht.
Zudem kündigte Stoltenberg im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ an, dass Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung künftig nicht mehr nur bei Angriffen zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Cyberraum ausgelöst werden solle. „Ich erwarte, dass die Staats- und Regierungschefs beschließen, dass ein schwerwiegender Angriff auf unsere Satelliten oder andere Kapazitäten im Weltall den Bündnisfall auslösen kann“, sagte er. Das Gleiche solle gelten, wenn ein Verbündeter aus dem Weltraum heraus angegriffen werde.
Bei der Pressekonferenz am Freitag sagte Stoltenberg, man werde auf dem Gipfel ein klares Signal senden, dass die NATO entschlossen sei, sich im Weltraum genauso wirksam zu verteidigen wie in allen anderen Bereichen. Dass ein Cyberangriff theoretisch auch Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung auslösen könnte, hatten die Bündnisstaaten bereits 2014 beschlossen.
Der bevorstehende NATO-Gipfel wird der erste mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden sein. Bei dem Spitzentreffen soll es auch Entscheidungen zur Reforminitiative „NATO 2030“ geben. Zudem ist geplant, die als aggressiv wahrgenommene Politik Russlands und die sicherheitspolitischen Konsequenzen des Aufstiegs Chinas zu thematisieren.
Stoltenberg forderte die Alliierten auf, ihre Verteidigungsausgaben weiter zu steigern. Mitgliedstaaten, die noch nicht das Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung bei den Verteidigungsbudgets erreichten, „müssen erhöhen“, sagte Stoltenberg am Freitag in Brüssel. NATO-Angaben zufolge werden dieses Jahr voraussichtlich nur zehn der 30 Mitglieder das Zwei-Prozent-Ziel schaffen - ein Land weniger als 2020. Deutschland kommt demnach auf 1,53 Prozent.
Stoltenberg begrüßte, dass die europäischen Verbündeten und Kanada nun im siebenten Jahr in Folge ihre Verteidigungsausgaben erhöhen werden. Bis zum Jahresende hätten sie ihre Verteidigungsbudgets seit 2014 um zusammengerechnet 260 Milliarden Dollar (214 Milliarden Euro) erhöht, sagte er. „Aber wir müssen mehr investieren.“
Die NATO-Verbündeten hatten 2014 vereinbart, ihre Verteidigungsausgaben binnen eines Jahrzehnts auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. Die Allianz reagierte damit auch auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland.
Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Jahren insbesondere das wirtschaftsstarke Deutschland massiv wegen zu geringer Militärausgaben kritisiert. Zudem verärgerte er die Alliierten immer wieder mit Alleingängen und stellte auch mehrfach die Beistandsgarantie der Allianz infrage. Biden hatte sich nach seinem Amtsantritt im Jänner dagegen eindeutig zur NATO bekannt und zugesagt, die Verbündeten „zu all unseren Plänen zu konsultieren“.
Nach von der NATO veröffentlichten Zahlen zu den Verteidigungsausgaben schaffen dieses Jahr voraussichtlich folgende Länder die Zwei-Prozent-Marke: Griechenland (3,82 Prozent), USA (3,52 Prozent), Kroatien (2,79 Prozent), Großbritannien (2,29 Prozent), Estland (2,28 Prozent), Lettland (2,27 Prozent), Polen (2,1 Prozent), Litauen (2,03 Prozent), Rumänien (2,02 Prozent) und Frankreich (2,01 Prozent).Nato verlangt auch unter Biden höhere Verteidigungsausgaben