Pressekonferenz von Wahlsieger Raisi im Iran verschoben

Die ursprünglich für Sonntagnachmittag geplante Pressekonferenz des designierten neuen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi ist auf Montag verschoben worden. Gründe für die Verschiebung wurden von dem iranischen Kultusministerium vorerst keine genannt. Raisi wollte auf der Pressekonferenz erstmals nach seinem Wahlsieg den politischen Kurs des Landes für die nächsten Jahre erläutern. Dabei sollte es auch um das Wiener Atomabkommen von 2015 gehen, das vor dem Aus steht.

Der erzkonservative Politiker hat mit massivem internationalen Gegenwind zu kämpfen. So kritisierten die USA, dass den Iranern „ein freier und fairer Wahlprozess verweigert“ worden sei. Israel forderte eine härtere Gangart gegenüber Teheran.

Die USA haben das Atomabkommen 2018 aufgekündigt und Sanktionen gegen den Iran eingeführt, die zu einer schweren Wirtschaftskrise in dem Land geführt haben. Entsprechend waren das Atomabkommen und die US-Sanktionen mit die wichtigsten Themen im Wahlkampf. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte am Samstag, die USA würden die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm an der Seite ihrer Verbündeten und Partner fortsetzen.

Die Europäische Union drängt nach der Wahl auf weitere Gespräche über das Atomabkommen JCPOA. „Die EU ist bereit, mit der neuen Regierung Irans zusammenzuarbeiten“, erklärte eine Sprecherin des Außenbeauftragten Josep Borrell am Samstagabend in Brüssel. „Bis dahin ist es wichtig, dass intensive diplomatische Bemühungen fortgesetzt werden, um das JCPOA wieder aufs richtige Gleis zu bringen.“ Gespräche über das Iran-Atomabkommen werden am Sonntag in Wien fortgesetzt. Ziel ist, sowohl die USA als auch den Iran dazu zu bringen, das Abkommen von 2015 wieder einzuhalten.

Ohne Verhandlungen mit den USA, die der erzkonservative Kleriker Raisi und die ihn unterstützenden Hardliner in den vergangenen Jahren stets kritisiert hatten, werden die Sanktionen voraussichtlich nicht aufgehoben - und dementsprechend wäre auch kein Ende der Wirtschaftskrise realisierbar.

Israel übte indes scharfe Kritik an der Wahl Raisis. „Irans neuer Präsident, bekannt als der Schlächter von Teheran, ist ein Extremist, der für den Tod Tausender Iraner verantwortlich ist. Er ist den nuklearen Ambitionen des Regimes und seiner weltweiten Terrorkampagne verpflichtet“, sagte Außenminister Yair Lapid auf Twitter. In einer separaten Erklärung des israelischen Außenministeriums heißt es, dass Raisis Wahl „in der internationalen Gemeinschaft zu ernster Besorgnis führen sollte“. Mehr denn je muss das iranische Atomprogramm sofort gestoppt, vollständig zurückgenommen und auf unbestimmte Zeit gestoppt werden.“

Der 60-jährige Raisi hatte sich bei der Wahl vom Freitag klar gegen seine Konkurrenten durchgesetzt, mehr als 60 Prozent der Stimmen entfielen auf ihn. Die geringe Wahlbeteiligung unter den mehr als 59 Millionen Stimmberechtigten von 48,9 Prozent wird von Beobachtern als Wahlboykott und Warnsignal an das gesamte Establishment ausgelegt.

Raisi war zuletzt Justizchef im Iran, politisch ist er ein unbeschriebenes Blatt. Die meisten politischen Beobachter gehen davon aus, dass er mit dem moderaten Kurs seines Amtsvorgänger Hassan Rouhani brechen wird. Wegen Menschenrechtsverletzungen steht Raisi seit 2019 auf der Sanktionsliste der USA.

In der Nahostpolitik erwarten Experten, dass er im Verhältnis zum Erzfeind Israel einen noch feindseligeren Ton anschlagen wird. Der russische Präsident Wladimir Putin indes gratulierte Raisi am Samstag zum Wahlsieg. Die Beziehungen zwischen Russland und Iran seien traditionell freundschaftlich, hieß es in einer Mitteilung des Kreml.

Raisi war vor vier Jahren noch an Rouhani gescheitert, dieses Mal stellte sich sein Weg ins Präsidialamt wesentlich leichter dar. Dafür sorgte auch der sogenannte Wächterrat, der als Wahlgremium ernsthafte Konkurrenten vor dem Urnengang aussortierte.