Hamilton übernimmt bei Ocon-Sieg in Ungarn WM-Spitze

Die Formel 1 hat sich mit einem Sensationssieger, einer Disqualifikation des zweitplatzierten Sebastian Vettel und Lewis Hamilton als neuem WM-Führenden in die Sommerpause verabschiedet. Esteban Ocon landete am Sonntag in Ungarn völlig überraschend seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Der 24-jährige Franzose profitierte im Alpine von einer wegen Regens chaotischen Startphase. Hamilton erbte nach einer Aufholjagd Platz zwei von Vettel und löste Max Verstappen als WM-Leader ab.

Vettel wurde für eine zu geringe Spritmenge im Tank seines Aston Martin bestraft. Der Vierfach-Weltmeister hatte gegen Ocon um den Sieg gekämpft, verlor mehr als fünf Stunden nach Rennende aber seinen zweiten Podestplatz der Saison. Verstappen kam in einem beschädigten Red Bull nicht über Platz neun hinaus. Hamilton geht mit acht Punkten Vorsprung auf den Niederländer in die vierwöchige Pause. Das zwölfte von 23 geplanten Saisonrennen steht erst am 29. August in Spa-Francorchamps auf dem Programm.

25 Minuten vor Rennstart hatte es zu regnen begonnen - das Chaos nahm seinen Lauf. Hamiltons Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas bremste nach einem katastrophalen Start auf Intermediate-Reifen von Platz zwei aus auf nasser Piste viel zu spät und krachte in der ersten Kurve in den McLaren des überholenden Lando Norris. Folge war eine Kettenreaktion, die auch die Red-Bull-Boliden von Verstappen und Perez von der Strecke beförderte.

Für Bottas, der bei Mercedes zusehends in der Kritik steht und sein Cockpit für die kommende Saison an Williams-Youngster George Russell verlieren könnte, war das Rennen ebenso zu Ende wie für den WM-Dritten Norris und den WM-Vierten Perez. Das Auto von Verstappen war in Mitleidenschaft gezogen, das Rennen nach zwei Runden mit der Roten Flagge unterbrochen. Die Strafe für den Verursacher: Bottas wird in Spa in der Startaufstellung fünf Plätze zurückversetzt.

Weil kurz vor dem Neustart Sonnenschein einsetzte und die Strecke schnell auftrocknete, steckten nach der Formationsrunde außer Hamilton alle Piloten von Intermediates auf Trockenreifen um. Hamilton stand in einer kuriosen Situation alleine auf der Startaufstellung, musste nach dem taktischen Fehler eine Runde später aber ebenfalls Reifen wechseln und lag kurzfristig am Ende des Feldes. Von dort aus arbeitete sich der Serienweltmeister mühevoll nach vorne.

Die Führung übernahm Ocon im von Renault betriebenen Alpine-Boliden - und gab sie außer bei Boxenstopps nicht mehr aus der Hand. Er ist damit seit Alain Prost 1983 in Österreich der erste Fahrer aus Frankreich, der in einem französischen Auto ein Formel-1-Rennen gewinnt. „Was für ein Moment, es fühlt sich einfach nur gut an“, meinte der Premierensieger und dankte für das Vertrauen, das er auch in schwierigen Situationen stets von seinem Team erhalten habe.

Zum Königsmacher avancierte auch sein Teamkollege Fernando Alonso, der Hamilton bei dessen Aufholjagd im Finish lange hinter sich hielt und letztlich hinter Carlos Sainz im Ferrari auf Rang vier landete. „Es ist ganz großartig mit ihm seit Anfang des Jahres“, sagte Ocon über Alonso, den Weltmeister von 2005 und 2006. Der spanische Altmeister, der am Donnerstag seinen 40. Geburtstag gefeiert hatte, führte kurzzeitig zum ersten Mal seit 2014 in einem Grand Prix und wurde auch zum Fahrer des Rennens gewählt.

Vettel trauerte erst einem möglichen Sieg, seinem ersten seit dem Abgang von Ferrari, nach. „Ich bin ein bisschen enttäuscht“, sagte der Deutsche über Platz zwei. Am Abend kam es für ihn dann noch dicker. Statt des vorgeschriebenen Liters befanden sich nur noch 0,3 Liter im Tank - weniger als benötigt, um eine zulässige Benzinprobe zu nehmen, urteilten die Sportkommissäre. Dabei hatte Vettel seinen Boliden nach Rennende wie einige andere Piloten sicherheitshalber bereits außerhalb des „Parc ferme“ abgestellt und war nicht an die Box zurückgefahren.

Dass es auf dem Hungaroring schwer zu überholen ist, musste anfangs auch Hamilton erkennen. Der Serienweltmeister wechselte im Pulk fahrend als erster der Toppiloten in Runde 20 auf harte Reifen, kam dadurch unter anderem an Verstappen vorbei. In einem packenden Finish überholte er erst Alonso und drei Runden vor Schluss auch Sainz. „Das war ein ganz harter Tag. Wir machen es uns immer selbst schwer“, meinte Hamilton, der sich bei der Siegerehrung nicht wohlfühlte und danach laut Mercedes-Angaben wegen Erschöpfung und leichtem Schwindel vom Teamarzt behandelt wurde.

Verstappen tat sich mit seinem waidwunden Boliden noch schwerer, brachte nur zwei WM-Punkte ins Ziel. „Wieder von einem Mercedes abgeschossen. Das ist nicht das, was wir wollen“, sagte der Niederländer. „Es war viel Schaden an meinem Auto. Eigentlich war es kaum mehr fahrbar. Die letzten beiden Rennen waren natürlich total scheiße.“ Vor zwei Wochen in Silverstone war Verstappen nach einer von Hamilton verursachten Kollision ausgeschieden, nun ist auch die WM-Führung dahin.

„Wir gehen aber voll motiviert in die zweite Saisonhälfte“, versicherte sein Teamchef Christian Horner. „Wir kommen mit voller Energie und vollem Kampfgeist zurück.“ Mit 1,8 Sekunden Standzeit bei einem Reifenwechsel von Verstappen sorgte Red Bull immerhin für einen Boxenstopp-Weltrekord.

Den einen Punkt für die schnellste Rennrunde entriss Pierre Gasly im AlphaTauri Hamilton im Finish noch. Der Franzose landete vor seinem Teamkollegen Yuki Tsunoda auf Rang fünf. Dahinter folgten völlig überraschend die beiden Williams von Nicholas Latifi und Russell. Es waren die ersten WM-Punkte für das britische Traditionsteam seit dem Deutschland-GP 2019. Beide Autos in den Punkterängen hatte der gebeutelte Rennstall zuletzt 2018 in Belgien.

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