JOPERA-Premiere im Südburgenland mit der „Lustigen Witwe“
Selten wurde eine Eröffnungsrede vor einer JOPERA-Premiere mit mehr Spannung erwartet als die des neuen Generalintendanten Alfons Haider am Donnerstag. Denn ausgerechnet die von ihm in Mörbisch durch ein Musical ersetzte „Lustige Witwe“ hatte auf Schloss Tabor in Neuhaus am Klausenbach Premiere. Doch kaum hatte die Ansprache begonnen, war sie vorläufig auch schon vorbei. Ein verspäteter, an Haider vorbeistürmender Richard Lugner sorgte für eine längere Unterbrechung.
Nach Klärung des Verspätungsgrundes (Stau nach Unfall) und des Verbleibs von Lugners Lebensabschnittspartnerin Simone, die nach einem angeregten Telefonat Minuten später auftauchte, setzte Haider fort und streifte schließlich auch das Thema Mörbisch. Er werde hier keine Melodie anstimmen wie „Somewhere there‘s a place for us“. Mit diesem Zitat aus der „West Side Story“ hatte der künstlerische Leiter der Seefestspiele, Peter Edelmann, seine Kritik an der Entscheidung begonnen, die „Lustige Witwe“ 2022 durch ein Musical zu ersetzen. „Ich halte es mit Lehar und sage: Lippen schweigen“, bekundete Haider seine Unlust, weitere Worte über den Dissens zu verlieren.
Die folgende Aufführung der „Lustigen Witwe“ vermochte hingegen kaum Unlust und Dissens im Publikum zu erzeugen. Auf einer von Stephan Grögler, der auch Regie führte, recht opulent ausgestatteten Bühne erwartete die Besucher eine schwung- und humorvolle Inszenierung. Der Doppeladler im Hintergrund erinnerte an die Entstehungszeit von Lehars Stück, die drei Oldtimer-Autos fungierten - etwas anachronistisch - als halböffentliche Schauplätze der diversen Liebeleien.
Die Liebes- und Eifersuchtsgeschichten rund um die diplomatische Vertretung eines fiktiven Kleinstaats in Paris wurden großteils werktreu auf die Bühne gebracht. Einzelne tagesaktuelle Anspielungen konnte sich die Regie dann aber doch nicht verkneifen. So stellt Baron Zeta im ersten Akt zwei Gäste namens Rendi-Wagner und Doskozil (ein Politiker desselben Namens war im Publikum anwesend) einander vor.
Das durchwegs sehr junge Ensemble, musikalisch begleitet von der Jungen Philharmonie Brandenburg unter der Leitung von Erich Polz, wusste zu überzeugen, insbesondere die beiden weiblichen Hauptrollen. Svenja Isabella Kallweit war eine optisch wie akustisch strahlende Witwe Glawari, Theresa Grabner gab eine resche Valencienne mir starker Bühnenpräsenz. Wolfgang Resch war ein überzeugend-übernachtiger Danilo, dem man den Liebeskummer, weniger aber den Lebemann abkaufte. Publikumsliebling des Abends war der von Peter Kratochvil hochkomödiantisch und mit böhmischem Akzent gespielte Kanzleidiener Njegus. Manche seiner Travestie-Einlagen glitten im Laufe des Stücks teilweise jedoch ins klamaukhafte ab.
Die knapp 1.000 Premierengäste drückten ihr Wohlgefallen durch minutenlange, teilweise stehende Ovationen am Ende und rhythmisches Mitklatschen während mancher Musiknummern aus. Auch das Wetter trug zur guten Laune bei. Nach einem verregneten Tag im Südburgenland lichteten sich knapp vor der Premiere die Wolken und die Operette konnte zwar bei relativ kühlen, aber trockenen Verhältnissen stattfinden.
Der Operette will Haider auch im kommenden Sommer treu bleiben. Auf dem Spielplan der Festspiele JOPERA steht 2022 Fritz Kreislers „Sissy“, ein Singspiel in zwei Akten über die Vermählung der späteren Kaiserin von Österreich mit Franz Joseph. Die Entscheidung, das Genre beizubehalten, habe nichts mit dem Thema Mörbisch zu tun, betonte Haider im Gespräch mit der APA. Mörbisch sei mit dem Musical auf dem richtigen Weg und mit der „West Side Story“ sei es bisher gelungen, vor allem jüngeres Publikum anzusprechen, zog Haider eine erste Zwischenbilanz.
Der Schwenk des Generalintendanten, der für Mörbisch wie auch JOPERA zuständig ist, in Richtung Operette im Südburgenland basiere vor allem auf Feedback aus der Region. Die Menschen hier wollen Operette lieber als Oper, und letztere spiele es ohnehin im Steinbruch von St. Margarethen, so Haider. Mittelfristig zeichnet sich also eine klare Aufteilung der Genres in den drei prominentesten burgenländischen Spielstätten ab: Musical in Mörbisch, Oper in St. Margarethen und Operette in Neuhaus am Klausenbach.