Jubel in Locarno für Maresi Riegners „Monte Verità“
Ein bisschen irreführend ist der Titel von Stefan Jägers „Monte Verità - Der Rausch der Freiheit“ schon. Schließlich erzählt die schweizerisch-österreichisch-deutsche Koproduktion, die am Samstagabend bei den 74. Filmfestspielen von Locarno auf der Piazza Grande Weltpremiere feierte, nur am Rande von den Geschehnissen auf dem Schweizer Hügel um 1906. Im Zentrum steht vielmehr die von der Wienerin Maresi Riegner gespielte, fiktive Figur Hanna Leitner.
Hanna ist eine junge Ehefrau, Mutter und leidenschaftliche Fotografin, die den häuslichen Zwängen entfliehen will. Es ist ihr Arzt Otto Gross (Max Hubacher), der ihr vom Monte Verità erzählt. Eines Nachts also packt Hanna, die regelmäßig unter schlimmen Asthmaanfällen leidet, ihre Taschen und macht sich auf ins Tessin. Ohne Ehemann, ohne ihre beiden Töchter, aber voller Sehnsucht nach Freiheit.
In der Aussteigerkolonie angekommen, trifft sie neben Otto Gross auch Hermann Hesse (Joel Basman) und Ida Hofmann (Julia Jentsch) - und ihr Korsett beginnt, sich allmählich zu lockern. In jeder Hinsicht: Hanna tauscht ihre schicken Kostüme gegen einfache und bequeme Kleider, trägt ihre Haare offen, streift durch die Natur und widmet sich der Fotografie, was ihr Ehemann stets zu unterbinden versucht hatte. Ihre Atemnot holt Hanna Leitner mit der Zeit nur noch dann ein, wenn ihr bewusst wird, dass diese Künstlerinnenleben mit den Erwartungen in ihrer Heimat nie vereinbar sein wird.
„Monte Verità - Der Rausch der Freiheit“ ist das Porträt einer Frau, die unter den gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit leidet und vor einer schwierigen Entscheidung steht. Es ist aber auch ein Film, der die Seele des Monte Verità, die Stimmung unter den Sinnsuchenden und Lebensreformern im Tessin zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die Schönheit der dortigen Natur einfängt. Er will aber kein historischer Abriss der wahren Begebenheiten sein, wie der Schweizer Regisseur Stefan Jäger betont.
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