Kein Ende der Brandkatastrophe in Griechenland in Sicht
In fast allen Brandgebieten Griechenlands toben die Flammen mit unverminderter Intensität. Im Norden der zweitgrößten griechischen Insel Euböa ist die Lage nach den Worten des Bürgermeisters der kleinen Hafenstadt Istiaia, Giannis Kotzias, katastrophal: „Wir sind allein. Unser Ende ist nahe“, sagte er dem griechischen Nachrichtensender Skai. Zumindest sind dort erstmals seit Beginn der Brände am Sonntag massive Lufteinsätze gegen die Flammen geflogen worden.
Im nördlichen Teil der Insel stehen viele Quadratkilometer Wald in Flammen, von Samstag auf Sonntag kämpften die Bewohner gegen bis zu sieben Kilometer lange Feuerwände. Die Verbitterung bei den Menschen ist groß, weil die Löscharbeiten aus der Luft sich in den vergangenen Tagen auf den Norden Athens konzentriert hatten. „Man hat uns brennen lassen“, sagte ein Mann dem Fernsehsender Skai.
Man habe keine andere Wahl gehabt, heißt es hingegen bei den Rettungskräften. „Wir konnten nicht überall sein. Man muss sich nur vorstellen, die Flammen im Norden Athens hätten sich auf dicht besiedeltes Gebiet ausgeweitet“, wurde ein Feuerwehrmann zitiert.
Auch der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis hatte in den vergangenen Tagen immer wieder betont, Menschenleben hätten Priorität vor Besitz und Wald. Im Großraum Athen leben rund vier Millionen Menschen, Euböa hat etwa 220.000 Einwohner. Das derzeit von Bränden betroffene Gebiet besteht hauptsächlich aus Wald.
Dennoch sind dort mittlerweile Tausende Menschen aus den Ortschaften evakuiert worden. Auch am Sonntag kamen wieder Fähren, um Anrainer vom Ufer aus abzuholen, weil die Flammen den Landweg abgeschnitten hatten. Die Rauchschwaden ziehen zum Teil bis ins 100 Kilometer entfernte Athen und sind auch von den umliegenden Inseln aus gut zu sehen - ebenso wie der Feuerschein in der Nacht.
Außer Kontrolle war Sonntag auch die Situation auf der Halbinsel Peloponnes. Der gefährlichste Brand tobte dort südlich der Kleinstadt Megalopolis. Ein weiterer Brand fraß sich aus dem Westen der Insel bei Olympia immer weiter ins dicht bewaldete gebirgige Arkadien im Inneren der Halbinsel.
Im Norden der griechischen Hauptstadt entspannte sich die Lage am Sonntag hingegen weiter. Die Feuerwehr und freiwillige Helfer sowie das Militär könnten jetzt kleinere Brandherde löschen, sagte ein Offizier der Feuerwehr im Staatsrundfunk.
An den Löscharbeiten nehmen in den nächsten Tagen Feuerwehrleute aus zahlreichen Ländern teil. Auch Österreich wird Griechenland ab Montag unterstützen. Laut dem Innenministerium, das die internationale Katastrophenhilfe koordiniert, wurde ein Hilfsangebot umgehend angenommen. Demnach wird sich ein Kontingent der Freiwilligen Feuerwehr aus Salzburg in der Nacht auf Montag auf den Weg machen.
Im Norden Athens wird das Ausmaß der Schäden unterdessen immer deutlicher. Nach ersten vorsichtigen Schätzungen sollen mehr als 300 Häuser und Industriebauten verbrannt sein. Schwierigkeiten bereitet auch der Wiederaufbau des Stromnetzes. „Es wird bis zu 15 Tage dauern, bis der Strom überall wieder fließt“, sagte ein Techniker der Elektrizitätsgesellschaft Sonntag früh dem Fernsehsender Skai.
Mindestens 1.300 Strommasten seien verbrannt oder beschädigt und müssten ausgetauscht werden. Auch die Wasserversorgung ist noch nicht vollständig wiederhergestellt, betroffen seien unter anderem mehrere nördliche Vororte Athens, berichtete die Tageszeitung „Kathimerini“. Noch gar nicht abzuschätzen ist der ökologische Schaden durch die große Fläche verbrannten Waldes.