USA wollen Taliban zu Ende der Militäroffensive bewegen

Die USA und die NATO fordern die Taliban zu einem Ende ihrer Angriffe in Afghanistan auf. Der US-Sondergesandte Zalmay Khalilzad sei nach Katar abgereist, um „die Taliban zur Beendigung ihrer Militäroffensive und zu Verhandlungen über eine politische Lösung zu bewegen“, sagte das US-Außenministerium am Montag. Die NATO bewertet den gewaltsamen Vormarsch der Taliban als besorgniserregend. Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, zeigte sich alarmiert.

In den für drei Tage angesetzten Gesprächen in Katar wollen die USA mit Vertretern von Ländern in der Region sowie mit multilateralen Organisationen auf eine Verringerung der Gewalt und einen Waffenstillstand hinarbeiten und sich dazu verpflichten, keine mit Gewalt durchgesetzte Regierung anzuerkennen, hieß es. Khalilzad hatte maßgeblich die Modalitäten des Abzugs der US-Truppen mit den Taliban ausverhandelt.

Die NATO sieht das hohe Maß an Gewalt der Taliban bei ihrer Offensive, darunter Angriffe auf Zivilisten und Berichte über Menschenrechtsverletzungen, mit „tiefer Sorge“, teilte ein NATO-Offizieller der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Taliban müssten verstehen, dass die internationale Gemeinschaft sie nie anerkennen werde, wenn sie den politischen Prozess verweigerten und das Land mit Gewalt erobern wollten. „Sie müssen ihre Angriffe beenden und redlich an Friedensgesprächen teilnehmen.“

Der Konflikt lasse sich nicht militärisch lösen, hieß es weiter. Ein Friedensprozess unter afghanischer Führung müsse eine Waffenruhe und eine politische Lösung vorantreiben. Diese müsse insbesondere die Menschenrechte von Frauen, Kindern und Minderheiten wahren sowie sicherstellen, dass Afghanistan „nie wieder zum sicheren Hafen für Terroristen“ würde. Die NATO rufe alle regionalen Akteure dazu auf, konstruktiv dazu beizutragen, da alle von einem sicheren und stabilen Afghanistan profitieren würden.

Berichte aus den Regionen legten nahe, dass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden, teilte Bachelet am Dienstag in Genf mit. Alle Teilnehmer des Konflikts müssten weiteres Blutvergießen stoppen. Alle Staaten, die Einfluss auf die Parteien haben, müssten sich dafür einsetzen, dass die Kämpfe beendet werden.

Seit dem 9. Juli seien in vier Städten, darunter Kunduz, mindestens 183 Zivilisten ums Leben gekommen und fast 1.200 verletzt worden, so Bachelet. Die wahren Zahlen seien wahrscheinlich deutlich höher. Seit Beginn der Taliban-Offensive im Mai seien mindestens 241.000 Menschen durch Kämpfe vertrieben worden.

Aus Gebieten, die die Taliban eingenommen hätten, würden Massenhinrichtungen gemeldet sowie Angriffe auf Regierungsvertreter und ihre Familien, erklärte die Menschenrechtskommissarin. Schulen, Kliniken und Wohnhäuser würden zerstört und Anti-Personenminen ausgelegt. Die Vereinten Nationen haben demnach auch Berichte erhalten, dass gegen afghanische Soldaten schwere Menschenrechtsverbrechen begangen wurden, obwohl denen Verschonung zugesagt wurde, wenn sie sich ergeben.

Frauen dürften nach diesen Berichten ihre Häuser nicht mehr verlassen. In einigen Fällen sollen Frauen in der Öffentlichkeit geschlagen worden sein, wenn sie gegen die neuen Regeln verstießen. Eine Frauenrechtlerin sei erschossen worden. „Die Menschen befürchten zurecht, dass die Machtübernahme der Taliban alle Fortschritte der letzten zwei Jahrzehnte im Menschenrechtsbereich ausradiert“, sagte Bachelet.

Seit dem Beginn des Abzugs der internationalen Truppen Anfang Mai haben die Taliban massive Gebietsgewinne verzeichnet und erobern derzeit eine Provinzhauptstadt Afghanistans nach der nächsten. Die Taliban hatten von 1996 bis zur US-geführten Intervention 2001 weite Teile Afghanistans unter ihrer Kontrolle.

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