USA schicken mehr Soldaten für Evakuierungen aus Kabul
Angesichts des raschen Vorrückens der radikal-islamischen Taliban-Miliz auf Kabul hat US-Präsident Joe Biden die Zahl der US-Soldaten erhöht, die bei der Evakuierung der Botschaft in der afghanischen Hauptstadt helfen sollen. Statt der vorhergesehenen 3.000 Soldaten sollten nun „etwa 5.000 Soldaten“ eingesetzt werden, um die Ausreise des Botschaftspersonals und unzähliger ziviler Ortskräfte zu sichern, erklärte Biden am Samstag nach Rücksprache mit seinen Sicherheitsberatern.
Biden warnte die Taliban davor, die Mission zu behindern. Angriffe auf US-Interessen würden rasch und energisch beantwortet. Erneut verteidigte Biden seine Entscheidung, das US-Militär nach 20 Jahren komplett aus Afghanistan abzuziehen. Er sei der vierte US-Präsident, der die Verantwortung über diese Truppenpräsenz getragen habe, erklärte er. „Ich werde diesen Krieg nicht an einen fünften Präsidenten weitergeben.“ In einer Mitteilung des Präsidenten hieß es: „Ein weiteres Jahr oder fünf weitere Jahre US-Militärpräsenz hätten keinen Unterschied gemacht, wenn das afghanische Militär sein eigenes Land nicht halten kann oder will.“ Eine endlose amerikanische Präsenz inmitten eines Bürgerkriegs in einem anderen Land sei für ihn nicht akzeptabel gewesen.
Der prominente US-Senator Mitt Romney hat den Truppenabzug aus Afghanistan mit deutlichen Worten kritisiert. „Ich verstehe diejenigen, die der Meinung sind, dass wir Afghanistan verlassen sollten, aber ich stimme nicht mit ihnen überein“, schrieb der Republikaner am Samstag (Ortszeit) auf Twitter. Der Abzug sei mit einem „unschätzbaren Schlag für die Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Ehre unserer Nation geschehen“, erklärte Romney weiter. Es gebe keine „wirksame Strategie zur Verteidigung unserer Partner“. Er könne nicht verstehen, warum der Abzug auf diese Art und Weise vollzogen werde.
Seit Beginn des Abzugs der US- und NATO-Truppen im Mai haben die islamistischen Taliban gewaltige Gebietsgewinne verzeichnen können und seit Samstag auch die Großstadt Mazar-i-Sharif, die letzte Hochburg der afghanischen Regierung im Norden des Landes, eingenommen. Damit hält die afghanische Regierung lediglich noch zwei Großstädte - Jalalabad im Osten und die Hauptstadt Kabul. Das US-Militär will Afghanistan bis Ende August verlassen.
Der Milizführer und frühere Gouverneur Atta Mohammad Nur führt den Fall von Mazar-i-Sharif auf eine Verschwörung zurück. „Als Ergebnis einer großen, organisierten und feigen Verschwörung wurden leider alle Regierungseinrichtungen und Regierungskräfte an die Taliban übergeben“, erklärt der einst einflussreiche Politiker auf Facebook. Er selbst und der regionale Anführer Abul Rashid Dostum seien den Taliban entkommen.