Impfskeptiker schaffen Landtagseinzug in Oberösterreich
Die Oberösterreicher haben zwei neue Parteien in den Landtag geschickt. Überraschend war am Wahlsonntag vor allem der Erfolg der impfskeptischen Liste MFG, die auf Anhieb 6,2 Prozent holte. Die NEOS zitterten sich mit 4,2 Prozent ins Landesparlament. Stärkste Kraft bleibt die ÖVP, die Freiheitlichen verloren ein Drittel ihrer Wählergunst, blieben aber knapp vor der SPÖ. Von den etablierten Parteien die stärksten Zugewinne lukrierten die Grünen.
Laut vorläufigem Wahlergebnis inklusive Briefwahl von Sonntagabend kam die ÖVP auf 37,6 Prozent, ein Plus von 1,2 Punkten. Dahinter folgen die Freiheitlichen mit 19,8 Prozent, was einen zweistelligen Verlust von 10,6 Punkten bedeutet. Die SPÖ verharrt auf Platz drei. Ihre 18,6 Prozent sind ein magerer Zugewinn von 0,2 Punkten. Zwei Punkte zulegen können die Grünen auf 12,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 76,4 Prozent.
Das Ergebnis lässt Landeshauptmann Thomas Stelzer und seiner ÖVP drei Optionen: Entweder mit dem bisherigen Koalitionspartner FPÖ oder der SPÖ mit bequemer Mehrheit zu regieren oder sich wieder auf den Ex-Partner, die Grünen, einzulassen. Da hätte man mit 29:27 Mandaten aber nur einen denkbar kleinen Überhang.
Stelzer wollte sich am Sonntag noch in keine Richtung festlegen. Der Einzug zweier neuer Listen sowie der große Vorsprung gegenüber Platz zwei gab der ÖVP Grund, die für sie nicht gerade grandiosen Zahlen rhetorisch zu behübschen. Landeshauptmann Thomas Stelzer, auf den der gesamte Wahlkampf zugeschnitten war, sprach von einem großartigen Erfolg und wählte damit die selben Worte wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der extra nach Linz gekommen war.
Der freiheitliche Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, wohl der Favorit im Koalitionspoker, sprach von einem „ordentlichen Ergebnis“, sei doch die Ausgangslage mit jener „singulären“ vor sechs Jahren nicht zu vergleichen. „Kein Grund zum Feiern, aber auch kein Anlass, die Köpfe hängen zu lassen“, ist der Wahlabend für FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Notwendigkeit für einen Kurswechsel sieht er nicht.
In der Bundes-SPÖ reagierte man freundlich zurückhaltend darauf, dass die neue Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer die Partei nicht aus der Krise im Industrieland führen konnte. „Es ist erfreulich, dass es unter schwierigen Bedingungen erstmals seit fast zwei Jahrzehnten wieder ein Plus bei der Landtagswahl für die SPÖ Oberösterreich gibt“, resümierte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Gerstorfer sieht keinen Grund für Konsequenzen persönlicher Art. Immerhin habe die SPÖ zugelegt - das allerdings minimal von einem historischen Tiefstand aus.
Bei den Grünen herrschte Freude vor. Vizekanzler Werner Kogler legte den Fokus darauf, dass das beste Ergebnis im Bundesland überhaupt gelungen sei. Der Bundessprecher sieht das Plus auch als Regierungsauftrag. Spitzenkandidat Stefan Kaineder warb dann auch erneut für eine Koalition mit der ÖVP. Beide verwiesen auf das Minus der Freiheitlichen, das keine Empfehlung für eine Koalitionsbeteiligung sei.
MFG-Frontmann Joachim Aigner sieht als Erfolgsrezept, dass die Kandidaten der Liste „Bürger aus der Gesellschaft“ seien. Im Landtag wolle man sich vorrangig um Coronamaßnahmen kümmern. Zittern und Bangen hieß es für die NEOS, die in den ersten Hochrechnungen noch knapp unter der Vier-Prozent-Marke gelegen waren. Entsprechend groß war am späteren Abend die Erleichterung. Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger meinte gar, dass man mit dem Einzug in den nun siebenten Landtag „Geschichte geschrieben“ habe. Kein Pink gibt es damit nur noch in Kärnten und im Burgenland.
Wenig überraschend meist diskutiertes Thema im Vorfeld der Wahl war Corona, wie eine SORA-Wahltagsbefragung darstellt. Die Impfverweigerer zeigten sich dabei nicht unerwartet als FPÖ- und MFG-Fans. Fast die Hälfte von ihnen wählten die Freiheitlichen, beinahe ein Viertel MFG, ergab eine von Peter Hajek durchgeführten Wahltagsbefragung für ATV. Schöner wäre der Wahlabend für die Landeshauptmann-Partei verlaufen, hätten nur Geimpfte gewählt. Unter ihnen entschieden sich 47 Prozent für die ÖVP.
Ein nicht so unwesentlicher Aspekt der Wahl betrifft den Bundesrat. Dort verliert die Opposition ihre Blockade-Mehrheit, da ein Sitz von der FPÖ zur ÖVP wandert, womit eine Verzögerung von Gesetzen, die mit der Mehrheit von ÖVP und Grünen den Nationalrat passiert haben, nicht mehr möglich sein wird.