„Keine Zeit zu sterben“: Fulminantes Bond-Finale für Craig
Was lange währt, wird lang: 163 Minuten lang, um genau zu sein. Sechs Jahre nach dem Vorgänger und eineinhalb Jahre nach dem ursprünglich anvisierten Start kommt mit „Keine Zeit zu sterben“ am Freitag nun endlich das 25. James-Bond-Abenteuer in die heimischen Kinos. Es ist der fulminante Abschied von Daniel Craig. Und ein Actionfilm der Sonderklasse, der viele Fragen offen lässt.
Auf einen Streamingstart hatten die Macher dezidiert verzichtet und stattdessen auf den möglichen Kinolaunch gewartet. Entsprechend groß sind nun die Erwartungen der Kinobetreiber, die auf den ersten Mega-Kassenmagneten seit Ende der Pandemie hoffen. Und zu Recht. Denn dieser Bond ist für die große Leinwand gemacht.
„Keine Zeit zu sterben“ knüpft letztlich direkt an den Vorgänger „Spectre“ aus 2015 an, der damit endete, dass Bond mit seinem Herzblatt Madelaine Swann (Léa Seydoux) dem Sonnenaufgang entgegenfuhr. Diese Idylle endet nun alsbald, wenn nach einer spektakulären Actionsequenz in der einstigen europäischen Kulturhauptstadt Matera - eine Szene, die man aus dem Trailer bereits seit gefühlten Äonen kennt - der Geheimagent schnell wieder als Lonesome Rider auf sich gestellt ist.
Seine Konsequenz: Rückzug vom Dienst. Und so lebt Ex-007 ein beschauliches Frührentnerdasein auf Jamaika, als ihn der Hilferuf seines alten CIA-Freundes Felix Leiter (Jeffrey Wright) erreicht. Der bittet seinen Kumpel um Hilfe bei der Suche nach einem Biowissenschafter - und da kann Bond letztlich nicht Nein sagen. So ist 007 also alsbald wieder im Dienste Ihrer Majestät.
Dort muss er allerdings feststellen, dass ihm dabei die neue Doppel-Null-Agentin Nomi (Lashana Lynch) beim MI6 den Rang abgelaufen und sogar seine Nummer übernommen hat. Dann ist sie auch noch scharfzüngig, cool und so gar nicht auf ein Bettabenteuer aus. Neue Zeiten eben für den alten Schwerenöter. Hier lässt wohl Phoebe Waller-Bridge („Fleabag“) grüßen, die am Feinschliff des Drehbuch beteiligt war.
Ein gemeinsamer Feind verbindet jedoch, und der heißt in diesem Falle Safin, gespielt von Freddie Mercurys Alter Ego Rami Malek im Stile von Klaus Kinski. Der ist sympathischerweise mal wieder ein einzelgängerischer, wahnsinniger Erzbösewicht und nicht eine anonyme Organisation von Kriminellen. Dabei hat er nicht nur eine eigene Insel, sondern auch ein etwas irritierendes Faible für Genwaffen - und trägt bisweilen eine Maske, das untrügliche Zeichen für Kinoirre. Noch dazu hat er eine spezielle Verbindung zu Bonds (Ex-?)Geliebter Madelaine und Bonds Erzrivalen Blofeld (Christoph Waltz) im Visier, der ja eigentlich im Gefängnis sitzt und nochmals einen kurzen Auftritt - oder besser -Sitz hat.
All das erzählt Neo-Bond-Regisseur Cary Joji Fukunaga („True Detective“) in großen, farbsatten Bildern, hinter denen die Arbeit von „La La Land“-Kameramann Linus Sandgren erkennbar wird. Die Actionszene sind wie gewohnt schnittschnell und autoreich inszeniert, ohne allzu sehr ins Abstruse abzugleiten - auch wenn man sich als Zuschauer fragt, ob ein Land, das seine Tankstellen wegen mangelnder Lkw-Fahrer nicht beliefert bekommt, tatsächlich das eine oder andere technische Wunderwerk vollbringen kann.
Hinzu kommt die Filmmusik von Hollywoodguru Hans Zimmer, der sich dabei vielfach auf den klassischen Soundtrack von John Barry und das eine oder andere Titellied aus der Vergangenheit beruft. Das ist beileibe nicht die einzige Reminiszenz für Bond-Veteranen, die von Anspielungen über Autos und charakteristische Getränkebestellungen reichen. Sogar der Humor ist wieder etwas präsenter zurück in der Reihe. Und doch mag der eine oder andere Traditionalist von so mancher Wendung überrascht bis überfordert sein.
Fix ist jedenfalls, dass es mit „Keine Zeit zu sterben“ nun aber wirklich und endgültig für den 53-jährigen Daniel Craig als Bond gewesen sein soll. So endet die Ära von 007 mit dem Gesicht eines melancholischen Vertreters der Arbeiterklasse nach 15 Jahren und fünf Filmen. Welche neue Richtung die Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson nun einschlagen werden, ist indes völlig offen. Man habe noch nicht nach der Suche eines Nachfolgers begonnen, versicherten die Macher jüngst. Fix sei nur: James Bond will return. Das verspricht zumindest der Abspann.
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