„Shutdown“ in USA abgewendet, große Frage aber ungelöst
Die drohende Haushaltssperre in den USA ist abgewendet. Kurz vor Ablauf der Frist für eine Einigung im US-Haushaltsstreit hat der Kongress in Washington sich auf einen Übergangsetat geeinigt. Dieser stellt eine Finanzierung der Bundesbehörden bis zum 3. Dezember sicher. Hätte der Kongress bis Mitternacht am Donnerstag (Ortszeit) keine Regelung beschlossen, wäre es zu einem „Shutdown“ von Teilen des Staatsapparates gekommen.
Zahlreiche Staatsbedienstete hätten dann inmitten der Corona-Pandemie in den unbezahlten Zwangsurlaub gemusst, Ämter, Museen und Nationalparks hätten vorläufig schließen müssen. US-Präsident Joe Biden muss das Gesetz nun noch fristgemäß unterzeichnen.
Trotz der Einigung bleibt die weitaus größere Frage ungeklärt: Wie kann sichergestellt werden, dass das Finanzministerium weiter Geld aufnehmen kann zur Begleichung laufender Ausgaben, wenn demnächst die Schuldenobergrenze erreicht wird? Ohne Lösung droht die weltgrößte Volkswirtschaft erstmals zahlungsunfähig zu werden. Mitte Oktober könnte es nach Einschätzung von Ressortchefin Janet Yellen so weit sein. Die Folgen dürften nicht nur für die USA, sondern auch für die globale Konjunktur gravierend sein.
Mit Zustimmung über die Parteigrenzen hinweg votierten die Abgeordneten am Donnerstag für einen Übergangshaushalt bis zum 3. Dezember. Im Senat, in dem die Demokraten von Präsident Biden nur eine hauchdünne Mehrheit haben, stimmten 65 Abgeordnete für das Ausgabengesetz und 35 dagegen. Das neue Haushaltsjahr beginnt in den USA an diesem Freitag.
Das Repräsentantenhaus hatte bereits in der vergangenen Woche mit den Stimmen der Demokraten eine Regelung zur vorübergehenden Finanzierung der Regierung beschlossen. Im Senat sperrten sich die Republikaner aber dagegen, weil darin auch vorgesehen war, die Schuldenobergrenze vorerst auszusetzen - was sie ablehnen. Die Demokraten trennten beide Fragen schließlich notgedrungen, um einen „Shutdown“ doch noch abzuwenden und das Haushaltsgesetz im Senat durchzubekommen.
Flankiert wird der Konflikt über die Finanzen auch noch vom festgefahrenen Streit über die extrem kostenintensiven Konjunktur- und Sozialpakete Bidens. Nicht nur die oppositionellen Republikaner leisten Widerstand, auch in der Demokratischen Partei liefern sich der linke und moderate Flügel Grabenkämpfe über die Ausgestaltung und den Umfang der wichtigsten innen- und konjunkturpolitischen Vorhaben des Präsidenten.
Das Infrastrukturpaket, mit dem Straßen, Brücken sowie andere Verkehrs- und Energienetze in den USA modernisiert werden sollen, hatte im August nach langen Verhandlungen den Senat passiert - mit Unterstützung von Republikanern. Das abschließende Votum der anderen Kongresskammer fehlt noch. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre verteilt rund 550 Milliarden US-Dollar (471,94 Mrd. Euro) neuer Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt, inklusive schon vorher veranschlagter Mittel, hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.
Das zweite Paket sieht einen deutlichen Ausbau der Sozialleistungen vor. Biden will etwa mehr in Bildung und Kinderbetreuung investieren, Familien stärker unterstützen und sie steuerlich entlasten sowie Geld für den Kampf gegen die Klimakrise in die Hand nehmen. Dieses Paket hat bisher einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar, auch verteilt über mehrere Jahre. Finanziert werden soll es durch Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und das konsequentere Eintreiben fälliger Abgaben.
Da die Republikaner hier nicht mitziehen wollten, planten die Demokraten, dieses zweite Paket dem parlamentarischen Sonderverfahren aus eigener Kraft durch den Kongress bringen. Sie haben in beiden Kammern aber nur knappe Mehrheiten, und auch bei ihnen sind die Pläne umstritten. Einige moderate Demokraten sehen die hohen Ausgaben kritisch und sperren sich dagegen. Progressive Demokraten haben sich hingegen mehr gewünscht. Letztere drohten damit, das Infrastrukturpaket zu blockieren, sofern nicht auch das größere zweite Paket gesichert sei.