Zweite Vorsondierung von Grünen und FDP

Grüne und FDP wollen am Freitagvormittag zu ihrer zweiten Gesprächsrunde über eine gemeinsame Beteiligung an der neuen deutschen Regierung zusammenkommen. Danach werde es gegen 13.00 Uhr Statements von Vertretern der jeweiligen Parteiführung geben, teilten beide Donnerstagabend mit. Bei der zweiten Runde sogenannter Vorsondierungen soll es konkreter um Inhalte und Ziele eines möglichen Bündnisses gehen. SPD-Kanzler in spe, Olaf Scholz, rechnet fix mit einer Ampel-Koalition.

Auch die CSU-Spitze will sich am Freitag treffen. Das Parteipräsidium will in einer Videokonferenz den Kurs für die anstehenden Gespräche über eine mögliche Jamaika-Koalition abstecken. Grüne und FDP hatten die Gespräche zur Regierungsbildung am Dienstag eingeleitet. Von Sonntag an steigen dann auch die SPD als stärkste Kraft nach der Bundestagswahl und die Union (CDU und CSU) in Gespräche ein. Beide streben jeweils ein Bündnis mit Grünen und FDP an - also entweder eine sogenannte Ampelkoalition unter Führung der SPD oder ein sogenanntes Jamaika-Bündnis unter Führung der Union.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap trauen mehr Menschen einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP einen politischen Neuanfang zu als einem Bündnis aus Union, Grünen und FDP. 51 Prozent der Befragten im „Deutschlandtrend“ für das ARD-“Morgenmagazin“ gaben an, dass ein Ampel-Bündnis am ehesten für einen Neuanfang stehen würde, nur 18 Prozent denken dies von einer Jamaika-Koalition. Für 24 Prozent steht keine der beiden Optionen für einen Neubeginn.

CDU und CSU waren bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen auf Platz drei mit 14,8 Prozent, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent.

SPD-Kanzlerkandidat Scholz bekräftigte seine Zuversicht auf ein Zustandekommen einer Ampel-Koalition mit den Grünen und der FDP. Auf die Frage in einem „Spiegel“-Interview, ob er nach den Verhandlungen mit Grünen und FDP Kanzler werde, sagt Scholz: „Ja.“ Ziel einer solchen Koalition müsse es sein, dass man sich aufeinander einlasse und mit dem Anspruch antrete, bei den nächsten Wahlen wiedergewählt zu werden. „Das wird nur funktionieren, wenn sich alle Koalitionspartner in der gemeinsamen Regierung mit ihren Vorstellungen wiederfinden.“ Ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP wäre gegen den Wählerwillen. „Das Wahlergebnis ist eindeutig. CDU und CSU haben eine historische Niederlage eingefahren und sind abgewählt“, sagt Scholz. „Aus jeder Umfrage wird deutlich, die Bürgerinnen und Bürger möchten nicht, dass die Union in der nächsten Regierung ist.“

„Ich bin optimistisch, dass eine Ampelkoalition gelingen kann“, sagte Scholz dem Nachrichtenmagazin weiter. Die Deutschen hätten mit ihren Stimmen SPD, Grüne und FDP stärker gemacht. „Das ist eine Botschaft an diese drei, das jetzt auch hinzukriegen und miteinander eine Regierung zu bilden.“ Angesprochen auf unterschiedliche Politikansätze bei SPD, Grünen und FDP sagte Scholz dem „Spiegel“: „Ich habe da schon konkrete Vorstellungen, wie das passen könnte.“ Koalitionsgespräche sollten aber nicht über die Medien geführt werden. „Es wäre nicht klug, jetzt über irgendwelche roten Linien zu sprechen. Auch aus unterschiedlichen Ausgangspositionen heraus muss es am Ende eine Verständigung geben können.“

Scholz betonte erneut, SPD, Grüne und FDP verbinde „die Idee des Fortschritts“. „Sie haben unterschiedliche, aber sich durchaus überschneidende Vorstellungen davon.“ Es gebe „große Schnittmengen“ - als Beispiele nannte Scholz ein erstklassiges Mobilfunknetz für Deutschland, eine Vergrößerung und Modernisierung des Stromnetzes und den Ausbau der Energieerzeugung aus Windkraft und Solar. „Dafür müssen wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren straffen und privatwirtschaftliche Investitionen in die Modernisierung der Industrie unterstützen. Da gibt es vieles, über das man sich verständigen kann.“

Der stellvertretende FDP-Chef Johannes Vogel betonte unterdessen, dass für ihn bei den anstehenden Sondierungsgesprächen inhaltliche Fragen im Vordergrund stehen. „Und diesen inhaltlichen Fragen, denen widmen wir uns jetzt, sehr bewusst jetzt erst mit den Grünen und dann in den Gesprächen der nächsten Tage, und dann muss man sehen“, sagt er in der ARD. Es gehe weniger darum, wie schnell, sondern wie gut eine Regierungsbildung gelinge. „Und danach sollten wir alles ausrichten.“ Er hoffe, dass „alle vier Parteien im demokratischen Spektrum kompromissfähig sind“. Es müsse „ausreichend weit“ in die richtige Richtung gehen. So sei etwa das derzeitige Rentensystem nicht zukunftsfähig. „Das ist eine der Aufgaben, die die nächste Regierung wird lösen müssen und eine unserer Prüffragen für die nächsten Tage: Mit wem kommen wir da am weitesten.“

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann meinte indes zu dem zunächst für Samstag ins Gespräch gebrachten und dann auf Sonntag gelegten Termin für Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und FDP: „Ob das jetzt am Samstag ist oder am Sonntag, (...) ist am Ende auch egal.“ CSU-Chef Markus Söder habe recht: „Die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Ampel geben wird, ist nicht nur offenkundig, sondern ist sehr groß“, sagt der CDU-Politiker in der ARD. Die SPD habe die Wahl gewonnen, das müsse man eingestehen. „Wir haben verloren.“

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