Ermittler rekonstruierten Waffenkauf von Anschlag in Wien
Die Ermittler des islamistischen Terroranschlags in Wien vom 2. November haben rekonstruiert, wie der 20-jährige Attentäter an die Waffen und die Munition gekommen ist. Laut einer Vorabmeldung des „Standard“ soll ein gebürtiger Tschetschene, Adam M., als Mittelsmann fungiert haben. Waffe und Munition habe ein 29-jähriger Slowene geliefert. Während der Tschetschene seit vergangenem Dezember in U-Haft sitzt, befinde sich der 29-Jährige in Slowenien offenbar auf freiem Fuß.
Wie der „Standard“ berichtet, habe M. gestanden, bei den Deals in Wien dabei gewesen zu sein und die Übergaben gemacht zu haben. Sein mutmaßlicher Kollege aus Slowenien, Marsel O., bestreitet hingegen alle Vorwürfe. Die Verfassungsschützer hielten O. allerdings für „völlig unglaubwürdig“.
Er soll nicht nur die Patronen einige Wochen vor dem Anschlag über M. an den Attentäter verkauft, sondern auch das AK-47-Sturmgewehr besorgt haben. Angeblich schon im Juni 2020, wie M. bei seiner Einvernahme zu Protokoll gab. Die Übergabe habe in der Umgebung des Wiener Praters stattgefunden. Der Attentäter K. F. habe dabei in einem Kuvert 2.500 oder 3.000 Euro übergeben - 500 davon als Provision für M. Für das Sturmgewehr wollte sich der 20-jährige Attentäter später eigentlich in der Slowakei Munition besorgen, scheiterte aber wegen eines fehlenden Waffenscheins. Letztendlich habe er sie dann offenbar von dem Slowenen bekommen.
K. habe den Tschetschenen über einen Bekannten kennengelernt. Laut den Ermittlungen befindet sich M. seit spätestens 2018 „in einem kriminellen Umfeld“ und könne „mit dem An- sowie Verkauf von Waffen in Verbindung gebracht werden“. Auf seinem Smartphone wurden mehr als 200.000 Chatnachrichten sichergestellt, die nun ausgewertet würden.
Auch mit der Pistole der Marke Tokarew, die der Attentäter verwendet hatte, könnte M. zu tun haben. Schließlich wurde auf deren Patronen dessen DNA gefunden. Der Attentäter feuerte die Waffe laut aktuellem Ermittlungsstand lediglich zweimal ab und lud sie zu keinem Zeitpunkt nach. Aus diesem Grund besteht für die Verfassungsschützer der „dringende Verdacht“, dass der Tschetschene die Pistole „in geladenem Zustand“ an K. F. verkauft habe.
M. sitzt seit Dezember 2020 in Untersuchungshaft. Anders ist das beim Slowenen O., der heuer im Mai direkt über seine aktuelle Wohnadresse zur Beschuldigtenvernehmung geladen werden konnte. Eine Anfrage des „Standard“, ob er in Untersuchungshaft ist, beantwortete das slowenische Innenministerium vorerst nicht.
Im August sei bei O. jedenfalls ein DNA-Abstrich genommen worden. Ermittler fanden im Zuge der Spurensicherung an Waffen und Munition insgesamt mehr als zehn DNA-Profile, „die bis dato keiner Person zugeordnet werden konnten“. Die Probe befand sich Anfang September noch im Labor. Ein Ergebnis ist noch nicht in einem Akt zu finden.
K.F. hatte am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt mit mehreren Schusswaffen vier Menschen getötet und zahlreiche weitere teilweise schwer verletzt. Der Attentäter wurde von der Polizei erschossen.