Mehr Geld für Gewaltschutzzentren
Die neun Gewaltschutzzentren können ab sofort die versprochenen zusätzlichen Mittel, in Summe fünf Millionen Euro aus dem 24,6 Millionen schweren Gewaltschutzpaket, abrufen. Die Einrichtungen, die jährlich mehr als 20.000 von häuslicher Gewalt Betroffene betreuen, sollen die Beratung über den Akutfall hinaus ausweiten sowie ihre Zusammenarbeit mit Behörden und anderen Opfereinrichtungen intensivieren können, sagte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP).
Nicht zuletzt für Pläne wie die verstärkte Wiederaufnahme der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen bei Hochrisikofällen brauche es ausreichend „Manpower und Womanpower“, so die Ressortchefin vor Journalisten in Wien. Beim geplanten Ausbau der Nachbetreuung für von Gewalt Betroffene sprach Raab auch Angebote wie Gruppenberatung oder Paararbeit an. „Das ist gut eingesetztes Geld für nachhaltige Betreuung.“ Zu den zusätzlichen Leistungen gehöre weiters mehr Beratung bei Cybergewalt im Rahmen von häuslicher Gewalt.
Zusätzliche Ressourcen brauchen die Gewaltschutzzentren auch für die Zusammenarbeit mit den seit 1. September eingerichteten Beratungsstellen für Gewaltprävention, die österreichweit eine verpflichtende sechsstündige Täterberatung nach Annäherungs- und Betretungsverboten durchführen. Die Fallzahlen für diese opferschutzorientierte Täterarbeit steigen rasant: Es seien schon mehr als 1.000 Gefährder und Gefährderinnen einer Beratung zugeführt worden. Das Innenministerium hatte für die neuen Täter-Beratungsstellen in einem ersten Schritt neun Millionen Euro bereitgestellt. Falls es mehr Geld brauchen sollte, werde mehr investiert, sagte Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP) bei dem Medientermin am Freitagnachmittag.
Im gesamten vergangenen Jahr wurden mehr als 11.000 Annäherungs- und Betretungsverbote verhängt. Heuer waren es bis 29. September schon mehr als 10.000. Von Gewalt Betroffene müssten wissen, „dass es immer wertvoll ist, die Polizei zu rufen“, appellierte der Innenminister und verwies darauf, dass bei den heuer verübten Frauenmorden nur in einem Fall die Polizei zuvor bereits involviert gewesen sei.
Mit der Budgeterhöhung sei man in der Lage, das Angebot auszubauen und mehr als bisher für Gewaltprävention aufzuwenden, sagte Karin Gölly, stellvertretende Leiterin des Dachverbands der Gewaltschutzzentren. Auch sie wandte sich dringend an alle Betroffenen: „Wenn Sie von Gewalt bedroht oder betroffen sind, wenden Sie sich an die Gewaltschutzzentren. Wir sind in jedem Bundesland für Sie da und haben die notwendigen Mittel, um Sie kostenlos, vertraulich und auf Wunsch auch anonym gut und umfassend betreuen zu können.“
Seit Mai liefen Gespräche der beiden Ressort mit den Gewaltschutzzentren sowie der Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel. „Ich bin sehr froh, dass die neuen Verträge mit den erweiterten Leistungen ab heute wirksam sind und nun die ersten Gelder fließen. Gewalt gegen Frauen und Kinder darf nie toleriert werden“, betonte Raab.
Kritik kam von der SPÖ und dem Österreichischen Frauenring. Grundsätzlich sei es positiv, wenn angekündigt wird, dass die Regierung für den Gewaltschutz mehr Geld ausgeben will, sagte SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner in einer Aussendung. Sie bemängelte aber, dass die zahlreichen Frauenberatungsstellen, die die erste Anlaufstelle für Frauen mit Gewalterfahrungen sind, nicht ausreichend finanziert wären. „Die Frauenberatungsstellen - vor allem im ländlichen Raum leiden unter Unterfinanzierung. Ihre wertvolle Zeit geht vor allem für das Aufstellen von Geldern drauf, als für die Beratung von Frauen“, so Holzleitner. „Gäbe es eine Basisfinanzierung wie in Wien, könnten viele Beratungsstellen ihr Angebot sogar ausbauen.“
Klaudia Frieben kritisierte, dass das Geld „leider nicht an Frauenhäuser, Frauen- und Mädchenberatungsstellen und weitere Opferschutzeinrichtungen“ fließe. „Seit der medialen Ankündigung ist sehr viel Zeit vergangen, wo Frauenhäuser sowie Frauen- und Mädchenberatungsstellen mit Schwerpunkt Gewalt, aber auch Opferschutzeinrichtungen hoffen konnten, mehr finanzielle Ressourcen für ihre Arbeit zu erhalten. Geblieben sind, wie befürchtet, großteils leere Versprechungen, wie sich nun auch leider bewahrheitet hat“, sagte Frieben.
Der Österreichische Frauenring forderte erneut 228 Millionen Euro jährlich zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und zusätzlich 3.000 Arbeitsplätze für die Gewaltprävention. Die NGO wies auch darauf hin, dass „sehr viele Frauen nicht mehr den Mut finden, sich an die Polizei zu wenden aus Furcht nicht ernst genommen zu werden oder das Vertrauen in die Justiz durch milde Urteile gegen die Täter verloren haben. „Hier ist es dringend notwendig, an der Gesetzgebung zu arbeiten und das Vertrauen wiederherzustellen“, betonten Frieben.
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