Johnson will Kurs trotz Liefer-Engpässen nicht ändern

Der britische Premierminister Boris Johnson will die Lieferengpässe bei Benzin, Gas und bestimmten Lebensmitteln nicht mit einem Kurswechsel in der verschärften Einwanderungspolitik beheben. „Der Weg nach vorne für unser Land besteht nicht darin, den großen Hebel in Richtung einer unkontrollierten Einwanderung umzulegen und eine große Masse von Menschen zur Arbeit zuzulassen“, sagte Johnson am Sonntag der BBC. Er räumte ein, dass die Engpässe Nachwehen des Brexit seien.

Er werde nicht zum alten, gescheiterten Modell von niedrigen Löhnen und geringen Qualifikationen zurückkehren, das durch unkontrollierte Einwanderung unterstützt werde, betonte der Regierungschef zum Auftakt des Parteitags seiner Konservativen Partei in Manchester. Als die Menschen beim Brexit-Votum 2016 und bei der vorgezogenen Unterhauswahl 2019 für einen Wandel gestimmt hätten, hätten sie nämlich auch für das Ende eines gescheiterten Modells der britischen Wirtschaft gestimmt, spielte Johnson den Ball an die Bürger weiter.

Die konservative Regierung muss sich derzeit gegen Beschwerden verärgerter Bürger verteidigen, die nicht tanken können. Zudem warnen Einzelhändler vor Engpässen in der Weihnachtszeit und die Gasunternehmen kämpfen mit dem Anstieg der Großhandelspreise.

Johnson hatte sich am Vorabend des Parteitags gut gelaunt und optimistisch gezeigt. „Diese konservative Regierung hat eine Erfolgsbilanz, wenn es darum geht, die Prioritäten der Menschen zu erfüllen“, sagte er. Er betonte, mit dem Brexit-Vollzug die Wahlversprechen gehalten zu haben und versprach seinen Aufbauplan von der Infrastruktur bis zum Klimawandel für die Zeit nach der Pandemie voranzutreiben.

Der Geschäftsführer der regierenden Konservativen Partei in Großbritannien, Oliver Dowden, zeigte Verständnis über die Verärgerung vieler Landsleute wegen der Engpässe in der Sprit-Versorgung. „Es gibt eindeutig immer noch ein Problem in London und im Südosten und die Leute sind frustriert“, sagte Dowden, der auch Minister ohne Geschäftsbereich ist, dem Sender Sky News am Sonntag. „Ich teile ihren Ärger und ihre Frustration.“ Die Regierung arbeite pausenlos daran, das Problem zu lösen.

Die führenden Mitglieder von Johnsons konservativer Partei treffen sich ab Sonntag zu ihrer ersten Jahresversammlung seit Pandemiebeginn. Die letztjährige Konferenz fand online statt. Johnson selbst soll erst zum Ende der viertägigen Konferenz am Mittwoch sprechen. Es wird erwartet, dass er sich unter anderem zum Treibstoffmangel sowie den Lieferschwierigkeiten äußern wird.

Die Opposition und Beobachter schreiben die wirtschaftlichen Probleme einer verfehlten Brexit-Politik der Regierung zu, diese verweist jedoch auf Nachwirkungen der Corona-Pandemie.

Am Samstag versammelten sich bereits Demonstranten in der Nähe des Konferenzortes in Manchester. „Korrupte Tory-Regierung. Lügner, Betrüger, Scharlatane. Raus mit ihnen“, hieß es auf einem Transparent.

Johnson, der 2019 mit einem Erdrutschsieg ins Amt gekommen war, kann sich zwar für eine erfolgreiche Impfkampagne rühmen, doch seiner Regierung steht noch eine Reihe von Problemen ins Haus - von den Steuern bis zur Einwanderung. Zudem zog er den Zorn einiger Tory-Kollegen auf sich, weil er sein Wahlversprechen brach, die Steuern nicht zu erhöhen. Stattdessen kündigte er umfangreiche neue Ausgaben für das Gesundheits- und Sozialwesen an.

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