Hohenems präsentiert Pläne für neues RathausQuartier
In Hohenems tut sich was: Die Stadt stellte am Freitag das Entwicklungskonzept für das rund 9.800 Quadratmeter große Areal rund um die denkmalgeschützte, sanierungsbedürftige Villa Iwan und Franziska Rosenthal vor. Dort soll das Literaturhaus Vorarlberg einziehen, zudem entstehen eine Tiefgarage, ein Park und sieben Neubauten, darunter ein neues Rathaus. Das Jüdische Museum Hohenems präsentierte passend dazu mit „Am Rand“ eine Schau über das Zusammenleben in der Stadt.
Das „RathausQuartier Hohenems“ soll das aus Palast, jüdischem Viertel und Marktstraße bestehende historische Stadtzentrum von Hohenems fortschreiben. Das in einem mehrjährigen Prozess von der ARGE Schadenbauer Swiss Town Consult und der Stadt entwickelte Bebauungskonzept, das in einem kooperativen Verfahren der Architekten Hermann Kaufmann, Bernardo Bader, Andreas Cukrowicz und Ernst Waibel erarbeitet wurde, soll in der Umsetzung rund 55 Mio. Euro kosten. Neben einem modernen Rathaus samt öffentlicher Tiefgarage mit rund 170 Plätzen, 77 Mietwohneinheiten und 31 Einheiten für Handels- und Dienstleistungsnutzung ist der Kern des Projekts die Sanierung der 1890 errichteten Villa, die unter anderem als Literaturhaus Vorarlberg genutzt werden soll.
Erste Baueingaben und -genehmigungen für das Großprojekt seien bereits erfolgt, Baustart soll im ersten Halbjahr 2022 sein, so der Hohenemser Bürgermeister Dieter Egger (FPÖ) und Projektentwickler Markus Schadenbauer am Freitag bei einer Pressekonferenz. Als „sportliches Ziel“ habe man sich für die Fertigstellung Ende 2024 vorgenommen. Egger sprach von einem „Meilenstein“ für die Stadt. In Hohenems wurden in den vergangenen Jahren viele historische Gebäude revitalisiert, mit dem RathausQuartier schreibe sich dieser Prozess fort. Mit dem Literaturhaus spanne man zudem die Kulturachse zum Jüdischen Museum, erklärte Schadenbauer. Das Projekt habe die Chance geboten, das historische Zentrum mit dem Rathaus als modernem Zentrum zu begrenzen, führte Architektensprecher Kaufmann aus. Hohenems sei ein „besonderer Ort“ geblieben, der „zum Glück die Entwicklung der vergangenen 50, 60 Jahre verschlafen hat“.
Das neue Literaturhaus Vorarlberg wird im Erdgeschoß der Villa in den „Gartensalon“ und im ersten Stock einziehen. Platz finden sollen dort neben Lesungen und Workshops auch neue, dialogische Formate, so die für die Konzeption verantwortliche Frauke Kühn vom initiierenden Verein „literatur:vorarlberg netzwerk“ am Freitag zur APA. Durch die Sanierungspläne verschiebe sich die Eröffnung des Literaturhauses um ein Jahr auf 2024. Die Förderfinanzierung sei von Stadt, Land und Bund kürzlich für weitere drei Jahre fortgesetzt worden, „das gibt uns große Sicherheit in der Planung“. Man erhalte 2022 damit 90.000 Euro und in den Folgejahren 100.000 bzw. 110.000 Euro Förderungen. Bereits seit 2019 biete man in und um Hohenems ein Programm mit Bezug auf das künftige Literaturhaus.
Die angekündigte Stadtentwicklung will auch das Jüdische Museum begleiten. Daher soll die neue Sonderausstellung ab 17. Oktober der Bevölkerung eine Plattform bieten, um über Wünsche, Bedenken angesichts der Veränderungen und sozialen Fragen rund um das Thema Wohnen zu diskutieren. Ausgangspunkt sind die Stadtgeschichte(n), die das Museum bis 18. April 2022 unter dem Titel „Am Rand. Zusammen leben in der Untergass‘“ erzählt. Mit dem neuen Quartier werde sich das Zentrum dorthin erweitern, so Museumsdirektor Hanno Loewy und Kuratorin Anika Reichwald am Freitag bei einer Pressekonferenz über die heutige, vor allem als verkehrsreiche Durchzugsstraße wahrgenommene Radetzkystraße, die noch heute als „Untergass‘“ bekannt ist.
Ab 1806 siedelten sich hier an der Handelsstraße nach Dornbirn die ersten jüdischen Bewohner an. Es entstand ein Viertel, in der christliche und jüdische Familien Tür an Tür wohnten; ein „anderes jüdisches Viertel“, in dem weniger Wohlhabende wie Viehhändler, Schankwirte, Schnapsbrenner, Landwirte und Trödler lebten. Die Schau spürt in Porträts der oft noch im historischen Kern erhaltenen Häuser, die der Hohenemser Fotograf Dietmar Walser dokumentierte, dem Leben der Bewohner nach. Dieses war von existenzieller Not, aber auch buntem gesellschaftlichen Leben geprägt. Aus dem 19. Jahrhundert sind oft nur spärliche Informationen vorhanden: Besitzwechsel, Todesfälle, Erbschaften. Ins Heute zieht sich der Bogen dann mit Hohenemser Bürgern, die in Audios vom Aufwachsen in dem Viertel erzählen, von ihrer Lebensrealität und ihren Wünschen für das Zusammenleben in der Zukunft. Direktor Loewy sprach von einer „case study“, die ganz nah an den hier lebenden Menschen sei. Für die weitere Entwicklung der Stadt wünschte er sich einen sensiblen Umgang mit historischer Bausubstanz, „ohne Museumsort zu werden“.
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