Rechnungshof prüft umstrittene ÖVP-Umfragen und Inserate
Auch der Rechnungshof wird in der Causa ÖVP aktiv. Er hat Unterlagen zu den inkriminierten Umfragen und Inserate angefordert - zumindest für das Jahr 2019. Das teilte ein Sprecher am Freitag via Twitter mit. Dass man sich derzeit auf das Jahr 2019 beschränkt, hat mit der Kontrolle des ÖVP-Rechenschaftsberichts für das betreffende Jahr zu tun.
Diese Prüfung sei derzeit in vollem Gange, hieß es. „Eine seriöse Einschätzung, wann diese beendet werden kann, ist derzeit nicht möglich. Die ÖVP hat gegenüber dem Rechnungshof erklärt, dass die Wahlkampfkostengrenze eingehalten worden ist“, teilte der Sprecher mit.
Da die Überprüfung noch nicht abgeschlossen ist, kann man nun auch aktuellen Entwicklungen berücksichtigen. „In den vergangenen Tagen sind Verdachtslagen bekannt geworden, die - wenn sie tatsächlich so stattgefunden haben und, wenn ja, 2019 so fortgesetzt worden sind - Auswirkungen auf die Kontrolle des Rechenschaftsberichts 2019 der ÖVP haben könnten“, wird im Tweed erläutert.
Im Fokus steht demnach die Rolle des Finanzministeriums: „Dem Rechnungshof sind sämtliche Umfragen und Studien samt Original-Belege vorzulegen, die 2019 vom Ministerium bezahlt wurden. Weiters sämtliche entgeltliche Einschaltungen in der Mediengruppe ‚Österreich‘ samt Original-Belege, die 2019 vom Ministerium bezahlt wurden.“ Aktuell wird gegen den türkisen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Umfeld wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Umfragen sollen zugunsten der ÖVP frisiert und mittels Scheinrechnungen vom Ministerium bezahlt worden sein, lautet der Vorwurf.
Weiters teilte der Rechnungshof mit, dass ohnehin geplant war, die Ministerien näher unter die Lupe zu nehmen. „Schon vor Bekanntwerden aktueller Ereignisse sah unsere Planung eine Prüfung zum Thema ‚Kostentransparenz bei Öffentlichkeitsarbeit in Ministerien‘ vor.“ Diese Prüfung werde stattfinden, wurde betont.
Unabhängig davon stehen die Kontrollergebnisse weiterer Rechenschaftsberichte bereits demnächst ins Haus, wie der RH mitteilte. Jener zur SPÖ wird in der kommenden Woche veröffentlicht, der Bericht zur FPÖ im November.
Unterdessen forderte der Präsident der sozialdemokratischen Akademikerinnen und Akademiker (BSA), Andreas Mailath-Pokorny, die Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle für politische Umfragen. „Durch die mutmaßlichen Fälschungen und Täuschungen bei politischen Umfragen im Wahlkampf 2017, über die in den letzten Tagen berichtet wurde, haben diese als wissenschaftliche Methode enormen Image-Schaden erlitten“, beklagte er. Eine derartige Einrichtung könnte die Aufgabe übernehmen, das Rohmaterial und die Methoden der Umfrage zu sichten sowie freizugeben. Ansiedeln könne man die Stelle im Verband der Markt- und Meinungsforschungsinstitute, schlug Mailath-Pokorny vor.