Sozialdemokraten erobern italienische Hauptstadt Rom

Die italienischen Sozialdemokraten haben ihren Siegeszug bei den Kommunalwahlen auch in den Bürgermeister-Stichwahlen fortgesetzt. In der Hauptstadt Rom siegte der sozialdemokratische Kandidat und Ex-Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri klar gegen seinen Kontrahenten aus dem Mitte-Rechts-Lager, Enrico Michetti. Laut Hochrecnungen, die nach Wahlschluss am Montag veröffentlicht wurden, kam Gualtieri auf 59 Prozent der Stimmen. Auch Turin hat künftig einen roten Bürgermeister.

Michetti, Spitzenpolitiker der oppositionellen Rechtspartei „Fratelli d ́Italia“, musste sich in der Stichwahl mit 37 Prozent begnügen. Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatte der Mitte-Rechts-Politiker noch mit 30 zu 27 Prozent die Nase vorne. Die amtierende Bürgermeisterin Virginia Raggi von der populistischen Fünf Sterne-Bewegung schaffte es nicht in die Stichwahl.

Der zum neuen Bürgermeister Roms gekürte Gualtieri dankte den Römern für das Vertrauen. „Ich werde der Bürgermeister der Römer sein, der Römer und der ganzen Stadt. Wir müssen Rom neu beleben, es zum Wachstum zu bringen. Ich werde mich mit aller Kraft für meine Stadt einsetzen“, sagte Roberto Gualtieri bei einer Pressekonferenz im Sitz seines Wahlkomitees.

Glückwünsche erhielt der neue Bürgermeister der Ewigen Stadt auch aus Wien. „Nach Paris, Berlin und Wien ist Rom eine weitere EU-Hauptstadt, die sozialdemokratisch regiert wird“, twitterte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Er sprach von einem „starken Signal“ für soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt, das von den Bürgerinnen der europäischen Städte ausgehe. „Denn ich bin überzeugt: die Zukunft der EU liegt in den Städten & damit auch bei der #Sozialdemokratie.“

Der 55-jährige Historiker Gualtieri war von September 2019 bis Februar 2021 Wirtschaftsminister in der zweiten Regierung von Premier Giuseppe Conte. Von 2009 bis 2019 war er Mitglied des Europäischen Parlaments, wo er seit 2014 dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung vorstand. Seit 2016 war er einer der drei Chefunterhändler des Europäischen Parlaments für die Brexit-Verhandlungen. Nach seiner Bürgermeisterwahl muss Gualtieri seinen Sitz in der italienischen Abgeordnetenkammer aufgeben.

In Turin feierte die Demokratische Partei den Wahlsieg ihres Kandidaten Stefano Lo Russo, der Hochrechnungen zufolge auf 53 Prozent kam. Er behauptete sich gegen den Mitte-Rechts-Kandidaten Paolo Damilano. In Triest, in dem es am Montag zu einer Großdemonstration gegen die 3G-Pflicht für alle Arbeitnehmer in Italien kam, konnte sich indes der konservative Amtsinhaber Roberto Dipiazza knapp gegen seinen Herausforderer Francesco Russo behaupten. „Heute bin ich so etwas wie der Held des Mitte-Rechts-Lagers“, freute sich Dipiazza. Insgesamt fanden in 65 Gemeinden Stichwahlen um das Bürgermeisteramt statt.

In der Finanzmetropole Mailand sowie in Bologna und Neapel hatten die Sozialdemokraten ihre Kandidaten schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit absoluter Mehrheit durchgebracht. Die Wahlen haben keine direkten Auswirkungen auf die Regierung der nationalen Einheit von Premierminister Mario Draghi. Sie sind die ersten Wahlen seit Draghis Vereidigung im Februar. Beobachter werten die sozialdemokratischen Erfolge auch als Unterstützung für den parteilosen Premier, der in der PD den stärksten politischen Rückhalt hat.

Parteichef Enrico Letta sprach von einem „triumphalen Sieg“ der Mitte-Links-Kräfte. Der PD-Sieg wirke sich positiv auf die Regierungskoalition aus, die Premier Mario Draghi unterstützt. Laut Letta sollte es zu keinen vorgezogenen Neuwahlen kommen und die Regierung sollte bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2023 weiterhin von Draghi geführt werden. Ab Jänner werde die PD dafür arbeiten, eine breite Mehrheit für die Nachfolge von Präsident Sergio Mattarella zu erreichen, dessen siebenjährige Amtszeit im Februar abläuft.

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