Hochrangige Migrationskonferenz in Wien
Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Herkunfts-, Transit- und Zielländern von Flüchtlingen steht im Zentrum einer zweitägigen hochrangigen Migrationskonferenz des ThinkTanks ICMPD (Zentrum für Migrationspolitik) in Wien. Es sei an der Zeit, „innovative Wege“ zu finden, um reguläre Migration zu beleben, sagte ICMPD-Direktor Michael Spindelegger am Dienstag zur Eröffnung. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) warnte indes vor neuen Flüchtlingsbewegungen.
Es seien „herausfordernde Zeiten“ in Sachen Migration, sagte Nehammer mit Blick auf mögliche Flüchtlingsbewegungen aus Afghanistan Richtung Europa nach der Machtübernahme der Taliban. Scharfe Kritik übte der Innenminister an der Türkei und Belarus (Weißrussland), die die EU durch Migration erpressten. „Das ist für uns inakzeptabel. Wir müssen in der EU solidarisch sein, wir müssen unsere Außengrenze gemeinsam schützen.“ Solidarität sei nicht nur ein Wort, man müsse auch handeln, so Nehammer.
Ahmet Muhtar Gün, ständiger Vertreter der Türkei bei den Vereinten Nationen in Wien, wies die Kritik zurück. „Wir erpressen nicht, wir erinnern unsere Partner nur an ihre Verantwortung“, hielt er fest. Die Kapazitäten der Türkei bezüglich Flüchtlingsaufnahme und -versorgung seien nicht nur überstrapaziert, sie seien gänzlich ausgeschöpft, betonte der Diplomat, der an die rund vier Millionen Syrer in der Türkei erinnerte.
Die diesjährige Migrationskonferenz des in Wien ansässigen ICMPD (International Centre for Migration Policy Development) ist „Migrationspartnerschaften neu denken: Herausforderungen, Möglichkeiten und Strategien“. Sie findet nach dem Covid-bedingt reinen Online-Format im Vorjahr heuer in hybrider Form statt. Rund 1.000 Personen verfolgten die Konferenz online, 150 nahmen vor Ort, im Palais Niederösterreich in der Wiener Innenstadt, teil.
Gastgeber Spindelegger, früherer Vizekanzler und ÖVP-Chef, drückte zu Beginn der „Vienna Migration Conference“ (VCM) seine Hoffnung aus, Migrationspartnerschaften „auf die nächste Ebene“ zu heben. „Lassen Sie uns zusammen eine ambitioniertere, positivere Zukunft visualisieren“, appellierte er. Es sei nun an der Zeit, neue Wege zu finden, wie Migration „intelligenter und effektiver“ werden kann.
Am Nachmittag steht eine Diskussion des griechischen Migrationsministers Notis Mitarachi, des bosnischen Sicherheitsministers Selmo Cikotić und des ungarischen Außenministers Péter Szijjártó zum Thema Partnerschaften zwischen Ländern entlang der Route im östlichen Mittelmeerraum mit den Westbalkan-Staaten auf dem Programm. Die Kommissarin für soziale Angelegenheiten der Afrikanischen Union (AU), Amira El Fadil, spricht über Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Transitländern.
Die 1993 gegründete Denkfabrik ICMPD mit rund 460 Mitarbeitern unterstützt Regierungen bei der Suche nach tragfähigen Lösungen für die mit Migration verbundenen Herausforderungen. Das Zentrum hat 19 Mitgliedsstaaten - als jüngstes Mitglied konnte erst kürzlich Griechenland gewonnen werden.