Anwalt erwähnt Anschlagspläne auf Assange
Die Vertreter von Julian Assange haben im Rechtsstreit um eine mögliche Auslieferung des Wikileaks-Gründers in die USA Enthüllungen über angebliche Anschlagspläne eingebracht. „Es wurde darüber geredet, Herrn Assange zu töten, zu entführen oder zu vergiften“, sagte der Anwalt des inhaftierten Australiers am Donnerstag vor einem Gericht in London.
Investigative Journalisten hatten vor einigen Wochen unter Berufung auf nicht näher präzisierte US-Quellen berichtet, der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe Anschlagspläne auf Assange geschmiedet, während dieser sich in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. Assanges Unterstützer hoffen, dass diese Enthüllungen eine Auslieferung in die USA unwahrscheinlicher machen.
Die Vereinigten Staaten fechten in dem laufenden Berufungsverfahren die Entscheidung an, die ein britisches Gericht im Jänner getroffen hatte: Eine Richterin in London hatte das Auslieferungsbegehren mit Hinblick auf Assanges angegriffene psychische Gesundheit und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA abgelehnt. Die US-Justiz will dem 50-jährigen Australier wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Ihm drohen bis zu 175 Jahre Haft.
Vorgeworfen wird Assange, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte. Menschenrechtsorganisationen fordern seine sofortige Freilassung.
Assanges Anwälte verteidigten die Arbeit eines psychiatrischen Gutachters, dessen Einschätzungen die USA stark anzweifeln, und die Entscheidung der Londoner Richterin. Es sei absolut vernünftig, die Auslieferung eines psychisch kranken Menschen zu untersagen, wenn diese wahrscheinlich zu seinem Tode führen würde, argumentierten die Verteidiger. Ein Gericht müsse in der Lage sein, seine Befugnisse zu nutzen, um Menschen vor Auslieferung in einen fremden Staat zu schützen, in dem man „keine Kontrolle darüber hat, was ihm angetan wird“.
Die Zusicherung der USA, im Falle einer Inhaftierung in den USA keine „Spezialmethoden“ anzuwenden und auch einer Verlegung nach Australien zuzustimmen, sei „vage“ und „bedeutungslos“, betonten die Anwälte. So würde etwa die Unterstützung von Assanges Familie wegfallen, die den Wikileaks-Gründer in London regelmäßig im Gefängnis besucht. Assange würde im Fall einer Auslieferung noch extremere Isolation erfahren - eine weitere Gefahr für seinen Zustand.
Assange selbst, der sich am Vortag per Videoschaltung aus dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh zugeschaltet hatte, nahm am Donnerstag nicht an der Anhörung teil. Sein Anwalt hatte bereits am Vortag erklärt, sein Mandant fühle sich nicht in der Lage, das Geschehen zu verfolgen. Assanges Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand als schlecht und besorgniserregend.
Vor dem Gericht in London versammelten sich erneut Unterstützer, die für eine Freilassung des Inhaftierten demonstrierten. „Es kann nur eine Entscheidung geben: keine Auslieferung“, skandierten sie. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts wurde am Donnerstag noch nicht erwartet.