Berichte über mögliche Kronzeugin in ÖVP-Inseratenaffäre
Medienberichte über die Inseraten-Korruptionsaffäre rund um die ÖVP und Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz dürften am Freitag für Unruhe unter einigen Beschuldigten und ihren Anwälten gesorgt haben. Demnach soll die vorübergehend festgenommene Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die von der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Mitbeschuldigte geführt wird, am 13. Oktober in ihrer Beschuldigteneinvernahme vor der WKStA ein Geständnis abgelegt haben.
Darüber hinaus ist denkbar, dass Beinschab sich für die Kronzeugen-Regelung interessiert und diese für sie am Ende der Ermittlungen auch zu tragen kommen könnte, obwohl sie bereits als Beschuldigte vernommen wurde und gegen sie Zwangsmaßnahmen - ihre Festnahme und eine Hausdurchsuchung an ihrer Adresse - gesetzt wurden. An sich ist der Kronzeugen-Status gemäß Strafprozessordnung (StPO) ausgeschlossen, wenn gegen einen Mitverdächtigen bereits behördlicher Zwang ausgeübt wurde - gibt der bzw. die Betroffene aber von sich aus bei dieser Gelegenheit strafrechtlich relevantes Wissen preis, von dem die Strafverfolgungsbehörden bis dahin keine Kenntnis hatte, könnte er bzw. sie damit doch noch Kronzeugen-Status erlangen. Wobei die diesbezügliche Entscheidung nicht im Vorhinein, sondern erst am Ende des - im Regelfall langwierigen - Ermittlungsverfahrens fällt.
Ein Anlassbericht des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) sowie ein Auszug der verschrifteten Rechtsbelehrung Beinschabs vor ihrer formellen Einvernahme als Beschuldigte, über die am Freitag zunächst das „Ö1 Morgenjournal“ und „Der Standard“ berichteten, deuten zumindest darauf hin, dass sich Beinschab in diese Richtung hin orientieren könnte. Demnach soll Beinschab nach Beratung mit ihrer Anwältin - diese war für die APA telefonisch vorerst nicht erreichbar - erklärt haben, freiwillig ihr Wissen über Tatsachen und/oder Beweismittel zu offenbaren, deren Kenntnis wesentlich zur umfassenden Aufklärung einer in der Kronzeugenregelung genannten Straftat beiträgt und die Ermittlungen über ihren eigenen Tatbeitrag hinaus zu fördern.
Zu den aktuellen Vorwürfen - für die ÖVP bzw. den damaligen Außenminister und späteren Bundeskanzler und türkisen Parteiobmann Kurz günstige Umfragen sollen frisiert und über Scheinrechnungen vom Finanzministerium bezahlt worden sein, soll Beinschab vor der WKStA eine „geständige Verantwortung“ abgelegt haben, worauf sie auf freien Fuß gesetzt wurde, weil der Haftgrund Verdunkelungsgefahr nicht mehr angenommen wurde. Beinschab soll sich bezüglich ihrer umfänglichen Aussage vor der WKStA zur Verschwiegenheit verpflichtet haben - über deren Inhalt sind bisher keine Informationen nach außen gedrungen - und weiters garantiert haben, Kontakt mit den anderen Beschuldigten zu unterlassen.
Seitens der WKStA gab es zu dem allen keinen Kommentar. Ein Behördensprecher war auf APA-Anfrage unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen zu keiner Stellungnahme bereit.
Gelassen gab sich unterdessen die ÖVP: „Wir sind froh, wenn die Ermittlungen schnell voranschreiten und wir sind zuversichtlich, dass der Sachverhalt bald aufgeklärt wird und sich die falschen Vorwürfe gegen Sebastian Kurz rasch entkräften lassen“, hieß es gegenüber der APA.
Anders klang naturgemäß FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Die Luft für das türkise System wird immer dünner“, befand er in einer Aussendung. „Der Countdown läuft.“ Die sichergestellten Chat-Nachrichten zeigten, wie sich Kurz „erst den Weg an die Parteispitze freiputschte und anschließend mit Hilfe frisierter Umfragen den Aufschwung der ÖVP inszenierte“, meinte Kickl. „Wenn jetzt die Meinungsforscherin bei den Behörden auspackt, dann kann das nur zu einem raschen Ende für das türkise System führen.“