Angeklagter Werner Schlager im Multiversum-Prozess befragt

Der frühere Tischtennis-Weltmeister Werner Schlager, dem im Großverfahren um das Schwechater Multiversum versuchter schwerer Betrug angekreidet wird, hat am Mittwoch am Wiener Landesgericht seine Schuldlosigkeit betont. Er habe sich im Zusammenhang mit dem Großprojekt weder mit Finanzierungsfragen noch Förderanträgen befasst. Folglich habe er diesbezüglich „keine Wahrnehmungen“ gehabt. „Ich war in erster Linie Leistungssportler“, betonte Schlager.

Sein ganzer Kopf habe sich um Tischtennis gedreht, gab Schlager dem Schöffensenat zu verstehen: „Sonst kann ich nicht Weltmeister werden.“ Nachdem er bei der WM in Paris 2003 den Titel im Einzel geholt hatte, habe ihn ein Journalist angesprochen, dass man „mehr“ daraus machen könne. Der „Schreiberling“, wie sich Schlager ausdrückte, habe ihm „eine große Halle bei Wien“ schmackhaft gemacht. Der Gedanke, nach seiner aktiven Karriere im Rahmen eines Projekts sein Wissen der Jugend weitergeben zu können, habe ihm gefallen: „Ich war Feuer und Flamme. Das war genau das, was der europäische und österreichische Tischtennissport gebraucht hat.“

Gemeinsam mit dem Journalisten habe er dann die Werner Schlager Academy gegründet, erinnerte sich der mittlerweile 49-Jährige. Sein nunmehriger Partner - beide hielten jeweils 50 Prozent an der Gesellschaft - habe sich um das Geschäftliche gekümmert, während es seine Aufgabe gewesen sei, „Türen zu öffnen, Kontakte zu knüpfen. Von der Finanzierung hatte ich überhaupt keine Vorstellung. Ich war rein sportlicher Leiter. Das war meine Kompetenz.“

Sein Partner - dieser wurde von der WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft) in der Causa Multiversum ebenfalls zur Anklage angebracht, ist aber derzeit krankheitsbedingt verhandlungsunfähig - habe ihm dann wiederholt berichtet, das Ganze werde „noch größer“. Ihm sei zur Kenntnis gebracht worden, dass neben einer Tischtennis-Trainingshalle mit 48 Tischen auch eine Mehrzweckhalle entstehen sollte. Als Standort sei Schwechat aufgrund des Flughafens ideal gewesen. Außerdem sei die Stadtgemeinde ein „finanziell wesentlich potenterer Partner“ als andere Interessenten gewesen.

Die zweite Halle habe er begrüßt, weil diese ihm die Möglichkeit verschaffte, beim ITTF (International Table Tennis Federation)-Präsidenten Großveranstaltungen anzufragen: „Mit einer Halle konnte ich keine Europameisterschaft austragen.“ Was die Finanzierung des Komplexes anlangt, habe ihm sein Partner „grob skizziert, Bund und Land finanziert die Halle, Schwechat den Betrieb“. Er selbst habe dahin gehend weder mit dem damaligen Schwechater Bürgermeister Hannes Fazekas noch anderen Gemeindevertretern gesprochen: „Ich habe nur Gespräche geführt, wenn es um sportliche Dinge geht.“

Schlager bestätigte, dass die zweite Halle primär für Veranstaltungen der Stadt Schwechat gedacht war, er aber mit seiner Akademie auch die Mehrzweckhalle nutzen sollte. Der zentrale Vorwurf der WKStA gegen den Ex-Spitzensportler besteht darin, Schlager habe 2007 in einem Brief an den damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) diesem wider besseren Wissens vorgemacht, er werde mit seiner Werner Schlager Academy die Mehrzweckhalle bis zu 70 Prozent auslasten und dies später gegenüber dem seinerzeitigen Sport-Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) bekräftigt. Mit diesen wahrheitswidrigen Angaben habe Schlager die politischen Entscheidungsträger getäuscht und so zur Auszahlung von Förderungen von bis zu 5,1 Mio. Euro zu verleiten versucht, heißt es in der Anklage.

Dazu hielt Schlager fest: „Aufgabe der Werner Schlager Academy war, einen Tischtennis-Betrieb abzuwickeln.“ Den Brief an Gusenbauer habe sein Geschäftspartner „vorgeschrieben“, er habe ihn unterfertigt. Seiner Einschätzung nach sei es damals aber „absolut realistisch“ gewesen, dass für seine Gesellschaft neben der Trainings- auch die Mehrzweckhalle mit bis zu 70 Prozent „bespielbar“ gewesen wäre.

„Im Nachhinein hat es sicher zu wenig Tischtennis-Veranstaltungen gegeben“, räumte der angeklagte Ex-Sportler ein. Statt der erhofften 70 habe es „vielleicht zu zehn Prozent“ gereicht.

Die Frage der Richterin, ob er dazu beigetragen habe, das Großprojekt Multiversum größer darzustellen, um höhere Subventionen zu bekommen - der Anklage zufolge wurden insgesamt 2,9 Mio. Euro aus Mitteln der Bundessportförderung unrechtmäßig ausgeschüttet -, verneinte Schlager entschieden: „Alle haben sich gefreut, dass es so etwas (das Multiversum, Anm.) gibt.“ Er habe die ins Auge gefasste Auslastung „absolut für vertretbar gehalten“, bekräftigte der 49-Jährige.

Das Multiversum - von den Betreibern als „Halle für Alle“ beworben - wurde am 11. Jänner 2011 offiziell eröffnet. Dass es mit dem Projekt, an dem die Werner Schlager Academy mit 33 Prozent beteiligt war, finanzielle Probleme gab, habe er im Dezember 2010 „erstmals“ mitbekommen, sagte Schlager. Sein Mitgesellschafter habe ihm dies mit den Worten „Ui, von der Stadt gibt es anscheinend kein Geld“ beigebracht.

Schlagers Akademie schlitterte Ende 2015 in den Konkurs - aus Sicht Schlagers aufgrund seines Partners, wie er vor Gericht betonte: „Er war unfähig, dass er das Geschäft führt.“ Er habe dem früheren Journalisten aber mittlerweile „verziehen, dass er Untreue gegen mich ausgeübt hat“. Das Multiversum wurde im Vorjahr von der Stadt Schwechat um kolportierte 20 Mio. Euro an eine Immobilien-Investment-Gruppe verkauft. Über einen Pachtvertrag hat Schwechat Gemeindeangaben zufolge die Möglichkeit, mindestens zehn eigene oder gewünschte bzw. unterstützte Veranstaltungen abzuhalten.

Nach Schlager wurde ein weiterer der insgesamt elf anwesenden Angeklagten als Beschuldigter vernommen. Der Mann war seinerzeit Vertragsbediensteter der Stadtgemeinde Schwechat und Obmann des Sport Vereinigung Schwechat (SVS) und fungierte als eine Art Bindeglied zwischen der Stadtpolitik und den Beamten im Staatssekretariat für Sport. Er verneinte den wider ihn gerichteten Vorwurf, er habe Schlager darauf gedrängt, sich mit dessen Akademie auf eine Auslastung der Mehrzweckhalle von bis zu 70 Prozent einzulassen.

Die Baukosten für das Multiversum seien ursprünglich mit 42 Mio. kalkuliert gewesen, führte der Mann aus. Es sei „normal, dass sich der Bund und das Land beteiligt, das ist im Förderwesen vorgesehen. Es war klar, dass die Gemeinde den Rest stemmen muss“, hielt der Angeklagte fest. In das Thema, „wie das Geld aufgestellt wird“, sei er nicht eingebunden gewesen.

Was die konkreten Förderanträge betrifft, waren ursprünglich bis zu zehn Mio. Euro aus Mitteln der Bundessportförderung beantragt worden. Diese Forderung reduzierte sich auf 2,8 Mio. Euro, wobei die Subvention auf die Werner Schlager Academy eingeschränkt wurde - ein mittlerweile pensionierter Beamter in der zuständigen Sektion im Sportministerium soll explizit erklärt haben, Geld gebe es nur dafür. Im Jahr 2010 erklärte dann aber der damals für Sport zuständige Minister Norbert Darabos (SPÖ) schriftlich seine Bereitschaft, zusätzliche fünf Mio. Euro könnten fließen. Wie im weiteren Schriftverkehr mit den maßgeblichen Stellen daraus die Formulierung wurde, Darabos habe die Millionen „zugesagt“, konnte der Angeklagte nicht klären.

Der mit Sportpolitik erfahrene Angeklagte betonte mehrfach die in sportlicher Hinsicht überragende Bedeutung des Multiversum, das ein „perfekt durchgeplantes Zentrum“ gewesen sei: „Top-Spieler aus Europa sind nach Schwechat gezogen und haben sich eine Wohnung genommen.“ Mit dem Multiversum sei es bergab gegangen, weil der stellvertretende Schwechater Stadtamtsdirektor „fehlgeleitetes Geld“ zu verantworten habe. Dieser war zugleich Multiversum-Geschäftsführer und habe mit rechtswidrigen Darlehensvergaben und fragwürdigen Akonto-Zahlungen an Unberechtigte das Multiversum in Verruf gebracht: „Deswegen ist viel den Bach runtergegangen. Das hat die Karriere vieler Beteiligter und das Multiversum ruiniert.“

Die Verhandlung wird am kommenden Freitag fortgesetzt. Dann wird der Schwechater Ex-Bürgermeister Hannes Fazekas ausführlich Rede und Antwort stehen, dem in der Causa schwerer Betrug und Untreue angelastet wird. Sämtliche Angeklagte haben sich beim Prozessauftakt nicht schuldig bekannt. Das Verfahren ist vorerst bis Anfang Februar 2022 anberaumt.

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