SPD, Grüne und FDP über deutsche Ampel-Koalition einig
In Deutschland ist die Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und FDP fix. Das verkündete SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz in Berlin am Mittwoch. Die SPD unter Scholz erhält laut dem Koalitionsvertrag neben dem Kanzler sechs von 15 Ministerposten, an die liberale FDP gehen unter anderem das Finanzministerium sowie das Verkehrsministerium. Die Grünen erhalten etwa das neue Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie das Außenamt.
Scholz kündigte nach Abschluss der Verhandlungen mit Grünen und FDP eine „Koalition auf Augenhöhe“ an. Ziel sei keine Politik „des kleinsten gemeinsamen Nenners“, sondern gemeinsam „eine Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“, um „das Land besser zu machen“. „Uns eint der Glaube an den Fortschritt“, hob Scholz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages für die geplante Ampel-Regierung weiter hervor.
FDP-Chef Christian Lindner betonte, Deutschland werde „der Anwalt solider Finanzen“ bleiben. Ziele der Ampel seien zudem, private Initiative, privates Know-how und privates Kapital zu entfesseln. Auch müsse der Staat digitalisiert, die Bildung verbessert, sozialer Aufstieg erleichtert werden und eine gesellschaftspolitische Liberalisierung gelingen. Lindner würdigte Scholz als „starke Führungspersönlichkeit“.
Grünen-Co-Chef Robert Habeck äußerte sich zufrieden mit dem Koalitionsvertrag, insbesondere mit den Vereinbarungen zur Klimapolitik. „Wir sind auf einem 1,5-Grad-Pfad“, sagt er. Die Ampel-Parteien wollten eine neue Geschichte schreiben, die „die Vereinbarkeit von Wohlstand und Klimaschutz“ zeige. Statt immer neue Klimaschutzziele zu setzen, habe man sich entschieden, konkrete Maßnahmen zu vereinbaren.
Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ebnet nach Worten der Grünen-Ko-Vorsitzenden Annalena Baerbock den Weg Deutschlands in die Klimaneutralität. Die Ampel-Parteien wollten nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner suchen, sondern in den entscheidenden Bereichen einen Paradigmenwechsel einleiten, sagte Baerbock.
Die Ampel-Parteien einigten sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf ein neues Bundesministerium für Bauen. Vorgesehen ist zudem eine Erweiterung des Wirtschaftsministeriums um das Thema Klimaschutz, hieß es in dem Koalitionsvertrag, der am Mittwoch vorlag. Das Innenministerium gibt die Bauabteilung an das neu geschaffene Ministerium ab.
Neben dem Bundeskanzleramt, das Scholz als Bundeskanzler und einem Kanzleramtsminister geleitet werden soll, wird es künftig 15 statt bisher 14 Bundesministerien geben. Davon sollen sechs von der SPD besetzt werden (Innen und Heimat, Verteidigung, Bauen, Gesundheit, Arbeit und Soziales sowie Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), fünf von den Grünen (Wirtschaft und Klimaschutz, Auswärtiges Amt, Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und vier von der FDP (Finanzen, Verkehr und Digitales, Bildung und Forschung sowie Justiz).
Angesichts immer stärker steigender Corona-Zahlen auch in Deutschland kündigte Scholz einen ständigen Corona-Krisenstab im Kanzleramt an. Er sprach sich zugleich für eine Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen mit Risikogruppen aus. „Impfen ist der Ausweg aus dieser Pandemie.“ Der SPD-Politiker sagte weiter: „In Einrichtungen, in denen besonders vulnerable Gruppen betreut werden, sollten wir die Impfung verpflichtend machen. Eine Ausweitung dieser Regelung bleibt zu prüfen.“
Die österreichischen Schwesterparteien gratulierten am Mittwoch zur Bildung der Ampel-Koalition in Deutschland. „Die rasche Einigung für eine fortschrittliche Koalition ist ein wichtiges Signal für einen politischen Aufbruch nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa“, teilte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in einer Aussendung mit. „Olaf Scholz steht für Aufbruch und Verlässlichkeit mit klarem sozialdemokratischem Profil.“ NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger gratulierte ihrerseits der FDP und deren Chef Christian Lindner: „Die Ampel-Koalition in Deutschland hat sich auf ein umfassendes, ambitioniertes Erneuerungs- und Modernisierungsprogramm, das auf Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit setzt, geeinigt. Solch eine mutige Politik brauchen Deutschland und die Europäische Union dringend“, so Meinl-Reisinger in einer Mitteilung.
Die österreichischen Grünen freuten sich über die neuerliche Regierungsbeteiligung ihrer deutschen Kollegen und gratulierten Annalena Baerbock, Robert Habeck und dem gesamten grünen Team. „Mehr Klimaschutz für Deutschland heißt auch mehr Klimaschutz für Europa. Das ist ein gutes Signal für die Erneuerung Europas und den sozialen Zusammenhalt auf unserem Kontinent“, betonte Sigi Maurer, Klubobfrau der Grünen, in einer OTS-Aussendung. Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sah „ein starkes Zeichen für den Klimaschutz“. Der Koalitionsvertrag nehme viele wichtige Weichenstellungen für mehr Klimaschutz vor, betonte sie nach Angaben ihres Sprechers. „Der Kohleausstieg, der Umstieg auf saubere E-Autos und der Ausbau der Erneuerbaren Energien sind wichtige, zukunftsträchtige Maßnahmen - und gut fürs Klima.“
Der Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP jeweils durch Parteitage und bei den Grünen in einer Mitgliederbefragung gebilligt werden. In der Woche nach Nikolo soll der bisherige Finanzminister Scholz im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei der Bundestagswahl am 26. September nicht wieder kandidiert hatte.