Auch Polizei macht vierte Corona-Welle zu schaffen
„Die Stimmung in der Polizei ist speziell in den Ballungszentren überhaupt nicht die Beste“, berichtete Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger am Montag. Die Vielzahl an Aufgaben, die man im Kampf gegen die Corona-Pandemie der Polizei zusätzlich übertragen habe, „geht vielen Kolleginnen und Kollegen inzwischen an die Nieren“, sagte der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) in der Polizeigewerkschaft.
Wie Greylinger im Gespräch mit der APA mitteilte, hätten sich seit Ausbruch der Pandemie bereits über 7.000 Polizistinnen und Polizisten mit dem Coronavirus infiziert. Rund 3.000 weitere Verdachtsfälle habe es gegeben, „wo Leute entsprechende Symptome entwickelt haben, aber eine Infektion nicht bestätigt wurde“. Dass es zu Infektionen komme, sei letzten Endes insofern nicht zu verhindern, als die Polizei von Gesetzes wegen dazu angehalten sei, „die Gefahr aufzusuchen“, räumt Greylinger ein. Bei Festnahmen und Kontrollen hätten Schutzvorrichtungen ihre Grenzen: „Als Polizist kann man direkten Kontakt nicht vermeiden.“
Grundsätzlich könne der Dienstgeber aber sehr wohl dazu beitragen, die Arbeit für die Exekutive „sicherer“ zu machen. Greylinger regt etwa die Anschaffung von Luftreinigungsgeräten für alle Polizeidienststellen an, nicht dringend nötige Aus- und Fortbildungseinheiten sollten auf die Zeit nach der Pandemie - zumindest bis zum Abklingen der vierten Welle - verschoben werden.
Auch „einige wenige“ Todesfälle hat es laut Greylinger im Zusammenhang mit Covid-19 auf Seiten der Exekutive gegeben. Gar nicht so selten sind dem Gewerkschafter zufolge dagegen Fälle von Long Covid - Beamtinnen und Beamte, die sich von den Folgen einer Erkrankung lange nicht erholen. Dass diesen ab dem 30. Krankenstandstag die Zulagen als Teil ihres Gehalts gestrichen werden, führe zu erheblichen unverschuldeten finanziellen Einbußen. „Wir fordern daher seit 18 Monaten, dass in diesen Fällen die pauschalierten Zulagen weiter laufen müssen“, betonte Greylinger.
Die Kontrollen, ob die verordneten Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2 eingehalten werden, obliegen ebenso der Polizei wie das Verhängen von Strafen, Verfassen von Anzeigen oder Überprüfen von Absonderungsbescheiden. Zusätzlich ist die Polizei bei den regelmäßigen Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen und der Schutzimpfung gegen Covid-19 im Einsatz. Das führt laut Gerhard Zauner von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) bei der Polizei dazu, dass im Schnitt rund 60 Überstunden pro Monat für jeden Polizisten und jede Polizistin anfallen. „Wir sind mittlerweile in einer Situation angelangt, die nicht mehr akzeptabel ist. Die Kolleginnen und Kollegen werden regelmäßig in ihre Freizeitblöcke hineinkommandiert, versehen regelmäßig 24-Stunden-Dienste“, zitierten die Ö1-Journale Zauner am Montag.
Die Wiener Landespolizeidirektion konnte diese Zahlen nicht bestätigen. Wie eine Sprecherin auf APA-Anfrage erklärte, schlagen sich die mit Corona einhergehenden Aufgaben - Demonstrationen, Kontrollen oder Schwerpunktaktionen - bisher nur mit zwei Prozent an der gesamten Überstundenanzahl im heurigen Jahr zu Buche. In Wien kommt demnach im Betrachtungszeitraum Jänner bis Oktober jeder Polizist bzw. jede Polizistin auf rund 40 Überstunden. Zumindest in Wien lässt sich der Polizeisprecherin zufolge auch nicht belegen, dass mehr Exekutivbeamte krank geworden sind als in den Jahren zuvor: „Grundsätzlich gibt es heuer keine Erhöhung der Gesamtkrankenstandtage.“