Kreml verweist vor Videogipfel Putin-Biden auf rote Linien

Der Kreml erwartet keinen Durchbruch beim am Dienstagnachmittag stattfindenden Videogipfel von Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Dienstag vor Journalisten, Moskau bedaure die - wie er es nannte - vorhersehbare Tendenz des Weißen Hauses, zu Sanktionen zu greifen, sei aber bereit, Bidens Bedenken anzuhören. Gleichzeitig verwies er auf „rote Linien“ Moskaus.

„Es gibt keinen Grund, von diesem Gespräch einen Durchbruch zu erwarten. Es ist ein Arbeitsgespräch in einer sehr schwierigen Zeit“, sagte Peskow. Die Unterhaltung der beiden Staatsoberhäupter, bei der es unter anderem um die wachsenden Spannungen im Ukraine-Konflikt gehen soll, solle am Dienstag ab 16.00 Uhr MEZ über eine besonders gesicherte Leitung geführt werden, hieß es aus Moskau.

Nach Kreml-Angaben soll es auch um mögliche gegenseitige Sicherheitsgarantien zwischen Russland und der NATO gehen. Putin hatte das westliche Militärbündnis zuletzt zu einem Ende seiner Osterweiterung aufgefordert und dafür schriftliche Garantien verlangt.

Die Beziehungen sind derzeit besonders angespannt, weil die USA und die NATO Russland einen massiven Truppenaufmarsch unweit der Grenze zur Ukraine vorwerfen. Moskau weist den Vorwurf der Aggression zurück und beschuldigt wiederum die Ukraine, mehr als 120.000 Soldaten an die Linie zu den prorussischen Separatistenregionen Donezk und Luhansk verlegt zu haben.

Als Staatschefs hatten sich Putin und Biden erstmals im Juni in Genf persönlich getroffen. Bei dem bevorstehenden Gipfel soll es nun auch um die Cybersicherheit beider Länder gehen sowie um das iranische Atomprogramm und weitere internationale Konflikte.

Angesichts der wachsenden militärischen Spannungen mit Russland haben sich die USA und ihre westlichen Verbündeten Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien demonstrativ hinter die Ukraine gestellt. Die Staats- und Regierungschefs der fünf Länder brachten bei einer Telefonkonferenz ihre „Entschlossenheit zum Ausdruck, dass die Souveränität“ der Ukraine „respektiert“ werden müsse, teilte der Elysée-Palast in Paris am Montagabend mit.

Der designierte deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz mahnte Russland zur Zurückhaltung auf. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa setzten Prinzipien voraus, die in der Entspannungspolitik ausgehandelt worden seien und bis heute fortwirkten, sagte er am Dienstag in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Spitzen von FDP und Grünen. „Dazu gehört die Unverletzlichkeit und Unverletzbarkeit der Grenzen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass niemand in den Geschichtsbüchern wälzt, um Grenzen neu ziehen zu können“, sagte Scholz.

Zuvor hatte das Weiße Haus bereits gewarnt, dass die USA bereit seien, ihre militärische Präsenz in Osteuropa zu verstärken und „harte Wirtschaftssanktionen“ zu verhängen, falls russische Truppen in die Ostukraine eindringen. Eine direkte militärische Antwort zieht Washington derzeit nicht in Betracht. Moskau hat wiederholt jegliche kriegerischen Absichten bestritten und die westlichen Mächte beschuldigt, die „Provokationen“ zu verstärken.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besprach sich vor der Videokonferenz von Putin und Biden mit US-Außenminister Antony Blinken. Die Ukraine sei den USA dankbar für ihre Unterstützung, schrieb Selenskyj auf Twitter. Übereinstimmenden US-amerikanischen und ukrainischen Medienberichten zufolge wurde zudem ein Telefonat zwischen Biden und Selenskyj im Anschluss an den Gipfel vereinbart.