Neue Direktorin will Theatermuseum „breiter aufstellen“

Der Dornröschenschlaf im Theatermuseum geht vorerst weiter. Obwohl die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste, die seit Ende 2017 für die Dauer der Generalsanierung im Palais Lobkowitz zu Gast war, seit Monaten ausgezogen ist, wird sich die neue Theatermuseum-Direktorin Marie-Theres Arnbom erst im Herbst mit ihrer ersten Schau vorstellen. „Ich brauche mindestens acht Monate für eine große Ausstellung“, erklärte sie heute bei ihrer Antrittspressekonferenz.

Die Wiener Kuratorin, Musikdramaturgin und Publizistin war zu Jahresbeginn als wissenschaftliche Direktorin des zum KHM-Museumsverband gehörenden Theatermuseums dem in den Ruhestand getretenen Langzeitleiter Thomas Trabitsch nachgefolgt. Ihre Pläne, die sie heute vorstellte, sollen zu einer Belebung und Öffnung des Hauses führen - benötigten jedoch Zeit, bat sie heute um Verständnis. Den von ihrem Vorgänger verfolgten Überlegungen für eine große Dauerausstellung erteilte sie eine Absage („Es muss sich etwas bewegen.“), die noch von ihm geplante Ausstellung mit 400 Theaterfotos von Christine de Grancy, die während der Direktion von Achim Benning am Burgtheater engagiert war, findet jedoch statt und startet am 3. Juni. Bis 18. April läuft noch die Schau „Verehrt ... begehrt ... Theaterkult und Sammelleidenschaft“ in der Einblicke in die über 4.000 Objekte umfassende Sammlung von Künstlerandenken gegeben werden.

Die verschiedenen Sammlungen seien überaus umfangreich, sagte Arnbom, die im Theatermuseum auf den Tag genau vor zehn Jahren eine von ihr kuratierte Operettenausstellung eröffnet hatte. „Das war der Beginn meiner Liebe zu diesem Haus. Ich habe jede Lade, jedes Kastl geöffnet und gesehen, wie viele Schätze hier ruhen.“ In ihrer Gesamtheit könne man diese nie präsentieren. Allein die Fotosammlung umfasse 1,6 Millionen Objekte. Stolz präsentierte die neue Chefin Preziosen aus der Handschriften- oder der Figurinensammlung, die über Nachlässe auch stetigen Zuwachs erhalten. Immerhin 65.536 Objekte sind derzeit in der Onlinesammlung abrufbar. Die vernetzte Forschung verschiedener Disziplinen soll ebenso intensiviert werden wie die Zusammenarbeit mit anderen nationalen wie internationalen Institutionen. Als ein Vorbild nannte Arnbom das Theatermuseum in Stockholm: „Klein, aber fein.“

Die neue Chefin hat sich für das Wiener Theatermuseum jedoch anderes vorgenommen: „Mein Bestreben ist es, das Haus breiter aufzustellen.“ Dazu zählt ihr Vorhaben, das Palais Lobkowitz, laut Arnbom das älteste Barockpalais der Wiener Innenstadt, sowie den Eroica-Saal prominenter ins Bewusstsein der Wiener und der Touristen zu rücken. „Ich möchte das Haus neu erstrahlen lassen.“ Das sei durchaus auch im Wortsinne zu verstehen, denn die Beleuchtung stamme aus den 1990er-Jahren, sei bald nicht mehr EU-konform und müsse dringend erneuert werden. „Es wird hier sicher etwas Geld in die Hand genommen werden.“ Auch Fassadenrenovierungen und Einrüstungen der Innenhöfe stünden an.

Die Geschichte des Palais, das u.a. tschechische Botschaft, französisches Kulturinstitut und in der NS-Zeit ein „Haus der Mode“ war, soll künftig im Haus und insbesondere im prächtigen Eroica-Saal ebenso eine größere Rolle spielen wie Beethoven (der hier oft musizierte) und Klimt (dessen Gemälde „Nuda Veritas“ über den Nachlass des Dichters Hermann Bahr in den Besitz des Theatermuseums gelangte). Breiter fassen will man aber auch die Themen der künftigen Sonderausstellungen. So gilt Arnboms erste Ausstellung dem Austropop im Sinne einer österreichischen Populärkultur: „Wir beginnen bei Nestroy und enden bei Nino aus Wien.“ Eine Ausstellung über Tiere und Tierdarstellungen auf der Bühne befindet sich in Zusammenarbeit mit dem Naturhistorischen Museum Wien und dem Tiergarten Schönbrunn in Planung. „Ich möchte, dass die Ausstellungen bunt und Freude machend sind“, lautet ihr Credo. Vorerst soll jedoch jener Teil der 1.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, der zuletzt die Gemäldegalerie beherbergt hat und seither klimatechnisch am neuesten Stand ist, vermehrt vermietet werden.

Provenienzforschung und Restitution seien „ein großes Thema“, die Akquisitionsbücher der NS-Zeit jedoch „unglaublich schlampig“, was die Beforschung problematischer Zugänge erschwere. „Mir ist es ein großes Anliegen, dass das sauber aufgearbeitet wird. Das wird ein großer Brocken werden.“ Ein ebenso großer Brocken dürfte es werden, den Dornröschenschlaf zu beenden. Sie kenne die früheren Zahlen zwar nicht genau, sagte die neue Museumschefin, die das von ihr gegründete Kindermusikfestival St. Gilgen weiterführen wird, „dass ich die Besucherzahlen aber steigern möchte, liegt auf der Hand.“ Da scheint es tatsächlich Luft nach oben zu geben: 2019 wurden 80.322 Besuche im Theatermuseum gezählt, im ersten Corona-Jahr 2020 waren es 23.437. Die Zahlen für 2021 sollen in wenigen Tagen veröffentlicht werden.

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